Enttäuschung und Wut über einen dreckigen Deal

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz(?), Robert Habeck (Grüne), die NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz(?) und Energie, Mona Neubaur (Grüne) und der Vorstandsvorsitzende von RWE, Dr. Markus Krebber verständigen sich auf die Zerstörung von Lützerath und den Weiterbetrieb der Blöcke D und E des Kohlekraftwerks Neurath, deren Stilllegung für Ende 2022 geplant war.  Garzweiler II, das größte Loch Europas,  soll noch größer werden und die Kohle unter Lützerath abgebaut werden. Die von den Klimaschützern bei Lützerath ausgerufene 1,5 Grad–Grenze muss dafür fallen.

In der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft zur Verständigung mit dem NRW-Landesministerium und RWE ist bezeichnenderweise davon kein Wort zu vernehmen. Stattdessen wird der angeblich auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg in NRW gelobt, der allerdings  bereits im Koalitionsvertrag der NRW-Landesregierung so beschlossen war. In der Presseerklärung wird der Erhalt der Dörfer Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Berverath hervorgehoben und Berechnungen der CO2-Einsparungen nach 2030 präsentiert. Die Vereinbarungen werden in den hellsten Tönen als großen Erfolg gefeiert. Kein Wort über den bitteren Preis für das Klima und die weiteren Zerstörungen.  Kein Wort des Bedauerns oder Erklärens. Stattdessen wird dieser Deal als „Meilenstein für den Klimaschutz“ (Robert Habeck) gelobt. Diese Vereinbarung zeigt, dass die Grünen in der jetzigen Energiekrise bereit sind, wesentliche Positionen aufzugeben. Sie enttäuschen ihre Wähler, ihre Mitglieder und natürlich alle diejenigen, die seit Jahren mit großem Einsatz für Kohleausstieg und Klimaschutz kämpfen. Die CO2-Reduktion wird auf 2030 verschoben, jetzt wird erst einmal das Klima weiter geschädigt. Als hätten wir noch so viel Zeit, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Diese Vereinbarung wirft auch die Frage auf, zu welchen Zugeständnissen die Grünen womöglich auch bei den Verhandlungen über die Atomkraft bereit sind.

Stellvertretend für andere Austritte bei den Grünen erlauben wir uns, hier das Austrittsschreiben von Michael Zobel als pdf-Datei zu veröffentlichen. Der Naturführer und Waldpädagoge wurde bundesweit durch seine inzwischen 100(!) Wald- und Dorfspaziergänge im Hambacher Wald und in den Dörfern des Rheinlandes bekannt. Seit vielen Jahren setzt er sich für den Kohleausstieg und den Klimaschutz ein und ist stets um eine vermittelnde Position zwischen radikalen Aktivisti, Polizei, Regierung und RWE bemüht.  Nach dieser Vereinbarung zieht er, wie andere auch, die Konsequenz. Seine Begründung spiegelt die Enttäuschung vieler Aktiver wider, die seit langer Zeit für Klimaschutz und Kohleausstieg kämpfen.

EXIT COAL, ENTER FUTURE!

Das Sächsische Pressefoto des Jahres 2019 trägt den Titel „EXIT COAL, ENTER FUTURE!“ und stammt von dem jungen Leipziger Fotografen Tim Wagner. Es entstand am 30.11.2019 bei der Besetzung des Braunkohletagebaus Schleenhain durch Aktivist*innen von „Ende Gelände“.

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Dieses Foto thematisiert nicht nur die aktuelle gesellschaftliche Auseinandersetzung um den Kohleausstieg, sondern besticht auch durch seine künstlerische Qualität:

Ein langer Zug weiß gekleideter Menschen bewegt sich auf einer leichten Diagonalen von links hinten zur rechten vorderen Bildecke. Überragt wird er von einem stählernen Maschinen-Monster, das seine spinnenartigen Arme aus der Bildmitte in alle Richtungen streckt und die Szenerie beherrscht. Trotz dieser expressiv kippenden Linien wirkt das Bild aufgrund der warmen Farbgebung durch die abendliche Sonne ruhig und friedlich. Wie in einem Gemälde der Romantik handelt es sich um die Zeit des Übergangs. Eine dunkle Wolke schwebt noch am linken Bildrand, aber rechts und am Horizont zeigt sich bereits ein hoffnungsvolles Licht. Junge, engagierte Menschen befinden sichganz so, wie es im Titel anklingt – auf dem Weg in eine neue Zukunft. (Sorry, das konnte ich mir nicht verkneifen. Der Autor)

Seit 2015 lenkt „Ende Gelände“ durch seine friedlichen, aber konsequenten Aktionen des zivilen Ungehorsams erfolgreich die Aufmerksamkeit auf den für den Klimaschutz zwingend erforderlichen Kohleausstieg. Der Fotograf Tim Wagner (www.ti-wag.de), der die Proteste von „Ende Gelände“ schon mehrfach begleitete (vgl. https://www.querstellen-friedberg.de/achti-solidaritaetsposter-fuer-hambi-bleibt-und-ende-gelaende/), dokumentierte so auch im November 2019 die Besetzung des Tagebaus Schleenhain bei Leipzig. Das Siegerfoto stammt aus  der dabei entstandenen Serie (vgl. https://www.flickr.com/photos/110931166@N08/albums/72157712005056102).

Geradezu grotesk ist es, dass er für das Betreten des Tagebaus wegen Hausfriedensbruch angeklagt wurde und nur wenige Tage vor der Preisverleihung 30 Tagessätze zur Einstellung des Verfahrens zahlen musste. Deutlicher kann die Diskrepanz nicht ausfallen: Auf der einen Seite Auszeichnung für journalistische und künstlerische Leistungen und auf der anderen Seite Behinderung der Pressefreiheit und Kriminalisierungsbestrebungen durch Konzerne und staatliche Behörden. Leider handelt es sich nicht um einen kuriosen Einzelfall, sondern die Einschüchterungs- und Kriminalisierungsversuche von Pressevertretern und aktiven demokratischen Gruppen erfolgen inzwischen häufig. Die zahlreiche Anklagen wg. Hausfriedensbruch, das Beschlagnahmen von Ausrüstungsgegenständen von Reportern oder auch die Einstufung der Berliner Gruppe von „Ende Gelände“ als „linksextremistisch“ durch den Berliner Verfassungsschutz sind nur einige Beispiele dieser Kriminalisierungsbestrebungen. Widerliche Hasskommentare im Netz gegen die Verleihung dieses Preises und die Aktivist*innen zeigen, dass diese Bestrebungen leider auf fruchtbaren Boden fallen.
Die Freiheit der Presse zur Berichterstattung über Ereignisse von so großer gesellschaftlicher Relevanz darf nicht eingeschränkt werden und demokratische Gruppen, die sich für eine bessere Zukunft engagieren, brauchen die uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung aller Demokraten*innen.

Das Pressefoto des Jahres 2019 ist in Sachsen längst zum Politikum geworden und vielen ist die Würdigung dieses politischen Fotos ein Dorn im Auge.
Unter www.pressefoto-sachsen.de wird noch der Publikumssieger 2019 gewählt.
Jede*r kann sich bei der Wahl beteiligen und seine Solidarität mit  Ende Gelände, dem Kohleausstieg und natürlich auch mit dem Fotografen ausdrücken, indem er*sie diesem Foto zum Publikumssieg verhilft! (Nachträgliche Ergänzung: Das hat leider nicht geklappt. Vgl. Es war zu erwarten)
Das Sächsische Pressefoto des Jahres 2019 steht bei uns für den privaten Gebrauch zum Download bereit. Großformatige Fotoabzüge sind auf Wunsch über die E-Mail von Querstellen oder über kontakt(at)ti-wag.de zu beziehen.

Sächsisches Pressefoto des Jahres 2019: EXIT COAL, ENTER FUTURE!

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Dieses Foto des Leipziger Fotografen Tim Wagner ist das Sächsiche Pressefoto des Jahres 2019.

Es entstand am 30.11.2019 bei der Besetzung des Braunkohletagebaus Schleenhain bei Leipzig durch Aktivist*innen von Ende Gelände. Seit 2015 lenkt „Ende Gelände“ durch seine friedlichen, aber konsequenten Aktionen des Zivilen Ungehorsams erfolgreich die Aufmerksamkeit auf den dringend notwendigen Kohleausstieg. Der Fotograf Tim Wagner dokumentierte bereits mehrfach diese Proteste.
Für den Wettbewerb 2019 hatten 52 Fotografen insgesamt 152 Fotos zur Bewertung eingereicht. Eine Fachjury aus hochrangigen Fachvertretern von Bildagenturen und Zeitungsredaktionen wählte das Siegerfoto aus und bewies damit durchaus Rückgrad, denn das Thema Kohleausstieg ist gerade in Sachsen ein umkämpftes Thema.
Das Foto kann zum privaten Gebrauch heruntergeladen werden. Fotoausdrucke in großen Formaten können über unsere E-Mail-Adresse oder über kontakt(at)ti-wag.de bezogen werden.