Kommentar zur Zerstörung Lützeraths

Es ist wie im Kinospektakel „Avatar“. Ein Konzern bringt Zerstörung über Mensch und Natur, um den Planeten auszuplündern und sein Klima zu zerstören. Im Gegensatz zum Film gewinnen in der Realität allerdings – mit massiver Unterstützung durch Politik und Polizei – die Bösen.

Kohlebagger vor Lützerath

Mit technischer und logistischer Überlegenheit wird ein altes Dorf dem Erdboden gleichgemacht und seine  Beschützer*innen werden vertrieben. Riesige Bagger reißen die Erde auf und vergrößern rücksichtslos das größte Loch des Kontinents, um die Rohstoffe auszubeuten.

Das alles macht fassungslos! Nicht nur Natur und Klima werden zerstört, sondern auch das Vertrauen in das politische Handeln, das sich jeglicher Vernunft und Einsicht entzieht und wissenschaftliche Erkenntnisse und internationale Klimaschutzbeschlüsse ignoriert. Die angebliche Notwendigkeit dieses Handelns hat sich längst als vorgeschoben entpuppt. Die Braunkohle unter Lützerath wird weder für die sog. Energiesicherheit gebraucht, noch darf sie verbrannt werden, wenn man die Klimaziele auch nur annähernd erreichen will. Hässliche und unnötige Bilder der Räumung gehen jetzt um die Welt und entlarven Deutschlands halbherzige Klimapolitik: Gigantische Schaufelradbagger fressen sich in die Erde, Menschen werden von Bäumen gepflückt, Häuser und Bäume fallen, Polizisten prügeln auf protestierende Menschenmassen.  Sogar die weltweit angesehene Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden wird von der Polizei körperlich bedrängt, weggetragen und vorübergehend festgesetzt.

In ihrem Redebeitrag auf der großen Demonstration mit 35 000 Menschen hatte Greta zuvor folgendes gesagt: „Die Menschen an der Macht handeln nicht. Wie kann es sein, dass nichts geschieht? … Dies ist ein Verrat an den gegenwärtigen und zukünftigen Generationen. Die Tatsache aber, dass ihr alle hier seid, ist ein Zeichen der Hoffnung. … Was hier in Lützerath passiert, bleibt nicht hier. Deutschland ist einer der größten Klimasünder weltweit und hat eine riesige Verantwortung. Es muss Verantwortung übernommen werden und deshalb sind wir hier. … Menschen auf der ganzen Welt verfolgen, was hier gerade passiert.“

Die Bundesrepublik Deutschland und auch die Partei „Die Grünen“ verspielen ihre Glaubwürdigkeit. Ihr Image als Klimaschützer ist nachhaltig beschädigt. Da helfen auch die kläglichen Rechtfertigungen „alles gesetzlich abgesichert“, „Versorgungssicherheit in der Energiekrise“, „notwendiger Kompromiss“,  „Kohleausstieg vorgezogen“, „falsches Symbol“ und andere Wendungen nicht, um den Frevel vertretbar erscheinen zu lassen.

Seit Jahren kämpfen engagierte Jugendliche für die Rettung des Klimas und die Zukunft ihres Planeten. Ihnen sei für ihr Engagement und ihren Widerstand gedankt. Monatelang bauen sie ein alternatives Dorf auf, stemmen sich gegen das verantwortungslose Abbaggern von noch mehr Braunkohle und nehmen dafür große persönliche Nachteile in Kauf. Räumung und Zerstörung ihres Dorfes hinterlassen auch bei ihnen Narben. Ihnen sei versichert, auch Lützi „bleibt im Kopf bewahrt und im Gedächtnis lebenslang. Genauso das, was ihr getan habt, gierig aus Zerstörungsdrang. … Wir werden uns erinnern, nie vergessen, was geschah.“ Lützerath muss für immer das letzte Dorf bleiben, das der Ausplünderung der Erde zum Opfer fällt.

Ortsschild von Lützerath vor der endgültigen Zerstörung

Zum Schluss ihrer Rede rief Greta noch den 35.000 Demonstrierenden zu: „Heute zeigt ihr eindeutig, dass die Veränderungen nicht von der Regierung, von Konzernen, von den sog. Entscheidungsträgern vorgenommen werden. Nein, sondern durch Menschen, die in Baumhäusern sitzen, die hier auf der Straße sind. Sie kämpfen schon seit Langem. Danke also, danke euch allen. Die Kohle ist noch im Boden. Lützerath gibt es noch. Und so lange die Kohle im Boden ist, ist dieser Kampf nicht vorbei. Wir haben nicht vor aufzugeben. When I say ‚Lützi‘, you say ‚bleibt‘! Danke.“

Zur Erinnerung an Lützerath, die Proteste und die Räumung befindet sich im Menü „Fotos“ noch eine „Bildergeschichte über die Zerstörung Lützeraths“.

Zeitenwende – Ein Rückblick auf das Jahr 2022

Querstellen bedankt sich für diesen Gastbeitrag von Kornelia Zapf (Butzbach), der am 19. Januar 2023 im Meinungstreff der Wetterauer Zeitung veröffentlicht wurde:

Erschreckend: Es gibt wieder Krieg in Europa. Und Pazifisten sind – zu Recht – gezwungen Waffen in Kriegsgebiete zu liefern.

Absurd: Die Reichsbürger wollen die Demokratie, in der sie leben und die ihnen die Freiheit gibt ihre irrsinnigen Gedanken auszuleben, stürzen. So planen diese einen Putsch, um ein neues Kaiserreich zu errichten.

Traurig: Deutschland wird immer wärmer und trockener. Aber den Politikern, besonders denen der FDP, ist das nicht so wichtig – Hauptsache freie Bürger dürfen sich auf den Autobahnen zu Tode rasen. Was soll diese Blockadehaltung gegen das Tempolimit? Und auch der öffentliche Nahverkehr wird nur schleppend wieder aufgebaut – eine große Aufgabe, da der letzten Regierung Autobahnen wichtiger waren als Bahn und Bus. Schienen wurden abgebaut, die jetzt fehlen.

Drei Atomreaktoren verbleiben am Netz und werden noch bis Ende April laufen: Und schon hört man wieder Stimmen, die sagen, man könnte die Atomkraftwerke doch noch länger laufen lassen – sogar weitere hinzunehmen. Aber die Kraftwerke sind alt, und sollte man neue Brennstäbe kaufen, fängt die ganze Sache mit dem Atomstrom von vorne an. Wo soll der ganze Atommüll hin? Es gibt immer noch kein Endlager, denn kein Bundesland will diesen bei sich selber. Bayern kann ihn doch übernehmen. Die haben sich den erneuerbaren Energien stets verweigert, wollen aber nicht mit den Konsequenzen der Atomenergie leben.

Kohle ist wieder der Renner: Dörfer werden vernichtet nur um die Braunkohle abzubauen, und das obwohl wir – aus Klimatechnischen Gründen – schon längst aus der Verstromung mit Kohle hätten aussteigen müssen. Bei all dem verwundert es mich nicht, dass junge Menschen dabei nicht mehr tatenlos zusehen können und sich sogar an Straßen festkleben, um auf die vorhandenen Gefahren des Klimawandels hinzuweisen.

Die „Fridays for Future“-Bewegung wurde belächelt und schlecht gemacht. Den Klimaschützern und Wissenschaftlern wurde nicht zugehört: Also wird eine gewaltlose Form des Protests gewählt, welche vermeindlich mehr Aufmerksamkeit bringt. Und obwohl diese Aktivisten, die sich ankleben, keinem etwas tun, werden diese auf das Härteste strafrechtlich verfolgt. In Bayern kommen die Klimaaktivisten sogar schon mal vorbeugend in Gewahrsam. Das ist absurd. 

Ausklang: Ende des Jahres 2022 und es wurden Böller und Geschosse auf Rettungskräfte gefeuert. Das ist furchtbar und so was sollte auf das Härteste strafrechtlich verfolgt werden. Aber anstatt die Ereignisse vernünftig aufzuarbeiten, wurden sofort wieder rassistische Ressentiments bedient und auf Menschen mit Migrationshintergrund gezeigt. Und zu guter Letzt postet unsere Verteidigungsministerin Lambrecht ein Neujahrsvideo vor einer Feuerwerks-Kulisse, welche an Krieg erinnert. Das kann 2023 eigentlich nur besser werden.

Weihnachts- und Silvesterbescherung durch Hessenforst

Pressemitteilung: Eine solche Weihnachts- und Silvesterbescherung braucht niemand. Landesregierung und Hessenforst behindern durch ihren Alleingang die gemeinsame Entwicklung der Wintersteinfläche.

In den letzten 6 Monaten haben sich die Kommunen Friedberg, Rosbach, Ober-Mörlen und Wehrheim gemeinsam wegen einer Optimierung ihrer Flächen auf dem Winterstein mit der OVAG als regionalem Energieversorger beraten, um kurz vor Weihnachten zu grundlegenden Verabredungen zu kommen. Dies wurde u.a. von dem Bündnis Windkraft Winterstein positiv begleitet und das inzwischen in allen kommunalen Parlamenten vorgestellte Ergebnis wurde wohlwollend aufgenommen. Dieser Schritt war eine der Voraussetzungen für das vom Bündnis schon immer geforderte, energetische gemeinsame Layout für die komplette Wintersteinfläche. Es wurde davon ausgegangen, dass nun alle Flächeninhaber, also die Kommunen, der Hessen- und der Bundesforst gemeinsame weitere Schritte absprechen, um möglichst schnell, aber zeitgleich, die nächsten Planungsschritte vorzubereiten. Froh war das Bündnis, dass es die schon im Frühjahr 2022 angedachte einseitige Ausschreibung vom Hessenforst durch Anschreiben an das zuständige hess. Umweltministerium und auch die Staatskanzlei verhindern konnte. Als gut empfunden wurde auch die parallel stattfindende EEG-Novellierung auf der Bundesebene, mit einer deutlichen Verbesserung der regionalen Bürger:inneneinbindung und -beteiligung bei Windkraftparks, gültig ab 2023. Hierzu fanden schon vorbereitende Treffen mehrerer Energiegenossenschaften statt, die entsprechend den neuen EEG-Überlegungen Bürger:innen im 50 km-Umkreis um den Winterstein vertreten. Auch die OVAG stieg als Stromversorger vor Ort dazu schon in erste detaillierte Vorbereitungen ein und machte Vorschläge, wie man verschiedene Genossenschaften in einer Beteiligungsgesellschaft zusammenfassen kann. Darüber hinaus wurde eine Dachgesellschaft diskutiert, in der sich dann auch die Kommunen und ebenso der Hessenforst integrieren könnten. Dies lief alles auf ein hessenweites Modell hinaus, mit dem sich die Landesregierung zeigen könnte und bei dem man auch – wegen des Modellcharakters zunächst einmalig – auf die seit vielen Jahren umstrittene Landeshaushaltsverordnung hätte verzichten können. Diese Negativverordnung hätte  dann die schwarz/grüne Landesregierung in den nächsten Monaten politisch völlig neu formulieren und im Parlament verabschieden können. In Verbindung mit weiteren Maßnahmen hätte dadurch die unzureichende  Errichtungszahl von nur 8 Windkraftneuanlagen in ganz Hessen im Jahr 2021 zukünftig deutlich gesteigert werden können.

Geschockt wurden aber das Bündnis, die Kommunen, die OVAG und die Bürger:innen vor Ort, als kurz vor Weihnachten der Hessenforst eine einseitige Ausschreibung als Jahresabschlussbescherung präsentierte, die im Widerspruch zu den bisherigen Vereinbarungen steht. Zu verantworten haben das die eingebundene Staatskanzlei mit Ministerpräsident Boris Rhein und das Umweltministerium mit der Ministerin Priska Hinz. Diese wurden aber auch schon im Mai 2022 von dem Bündnis und auch der OVAG in Überlegungen in die Richtung eines bedeutenden Projektmodells Winterstein eingebunden. Eine Antwort erhielt Diethardt Stamm nun genau am Heiligen Abend von der Ministerin. Darin wird u.a. darauf hingewiesen, dass man nach „landesseitigen Vorgaben ein zeitnahes Verfahren der Angebotseinholung“ vornehmen wolle. Weiter  teilt die Ministerin dann noch mit, dass „erst im Anschluss daran die betreffenden Planungen“ zum weiteren Verfahren „anlaufen“.

Dieses „Verfahren“ trifft bei dem Bündnis Windkraft Winterstein auf die schlimmsten Erwartungen. Das beginnt mit der üblichen einseitigen Ausschreibung vom Hessenforst nach der sog 70%/30 % – Regel. D.h. zu 2/3 Dritteln ist das maximale Geldkassieren auf Kosten der Bürger:innen eine Vorgabe. Dort steht nämlich klar, dass die Auswahlentscheidung des Landes auf der Basis „des angebotenen Umsatz- und Mindestentgelts“ und „auf der Grundlage des Ertrags einer Windenergieanlage“ erfolgt. D.h., das Land kassiert sogar noch in Abhängigkeit vom wehenden Wind und dann bleibt wohl noch etwas für irgendeinen europäischen Großkapitalanleger übrig, aber nichts für die regionale Wertschöpfung oder die um den Winterstein wohnenden Menschen. Diese dürfen sich dann mit der Rest-30 %-Regel begnügen und in Schönrederei missbraucht das Land dort den Begriff „Bürgerbeteiligung“.

Die Forderung des Bündnisses an die Landesregierung ist deshalb, sofort die Ausschreibung zu stoppen und zurückzuziehen. Falls schon Erstbewerbungen vorliegen, müssen evtl. Unkostenanforderungen dazu erstattet werden. Dann sollte der seit einem Jahr immer wieder ins Spiel gebrachte Runde Tisch endlich realisiert werden. Dort sollen die Kommunen, die Bürger:innen u.a. vertreten durch das Bündnis und Energiegenossenschaften, der regionale Energieversorger und natürlich auch der Hessen- und Bundesforst ihre Teilnahme einbringen und gemeinsam die weiteren Schritte besprechen. Es kann nicht sein, dass die Landesregierung den potenziellen Moderator LEA (Landesenergieagentur) in vielen Schreiben ins Spiel bringt, aber konkret nicht einsetzt. Das Land muss entweder zunächst nur für dieses Modell Winterstein die Landeshaushaltsverordnung durch einen Kabinettsentscheid außer Kraft setzen oder lässt über das Landesparlament diese Verordnung grundlegend novellieren. Das permanente Berufen auf diese Verordnung, als wäre sie ein politisches Heiligtum, darf so nicht fortgesetzt werden. Ansonsten würden die erneuerbaren Energien weiter behindert, was ein Verstoß gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.21 in Sachen Klimaschutz und Klimaneutralität wäre. Das Bündnis stellt fest: Auch die Landesregierung muss ihren Verpflichtungen nach Art 20 a im Grundgesetz (Verantwortung für die künftigen Generationen) nachkommen. Gewollt werden zukünftig nicht 8 Windkraftanlagen in einem Jahr, sondern wenigstens die Bebauung von 2 Flächen in der Größenordnung des Wintersteins pro Regierungspräsidium in Hessen. Das wären dann bei 3 Regierungspräsidien x 2 Flächen x ca. 18 WKAs = 108 neue hessische Windmühlen, statt mageren 8. So ginge es mit der Energiewende auch in Hessen voran.