Radioaktives Kühlwasser von Fukushima wird im Meer verklappt

Auch 12 Jahre nach dem dreifachen GAU im AKW Fukushima Daiichi müssen die geschmolzenen Reaktorkerne noch täglich mit rund 170.000 Liter Wasser gekühlt werden. Mittels einer „Eismauer“ wird versucht zu verhindert, dass größere Mengen davon ins Meer versickern. Die über 1000 Großtanks, in denen das kontaminierte Kühlwasser gesammelt wird, sind inzwischen allerdings voll, und die Betreiberfirma TEPCO hat, mit Zustimmung der japanischen Regierung, am 24. August 2023 begonnen, das Kühlwasser durch einen kilometerlangen Tunnel in den Pazifischen Ozean einzuleiten.

Fotos von einer Demonstration in Frankfurt, die am 26. August 2023 von der Koreanischen Friedensgruppe Frankfurt organisiert wurde.

Zuvor wird das kontaminierte Wasser zwar in einem komplexen Filterprozess weitgehend von rund 60 radioaktiven Stoffen gereinigt, aber nicht alle Radionuklide lassen sich vollständig entfernen. U.a. kann Tritium nicht herausgefiltert werden. Da das so teilgereinigte Abwasser noch zu sehr strahlt, wird es bereits vor der Verklappung so stark mit Meerwasser verdünnt, dass die Tritium-Konzentration unter 1.500 Becquerel pro Liter sinkt. Das ist ein „fauler“ Trick, denn die Menge des eingeleiteten radioaktiven Materials bleibt letztlich gleich und wird nur zeitlich gestreckt. Über 1,3 Milliarden Liter verstrahltes Wasser sollen so über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren ins Meer geleitet werden.

Weltweite Bedenken und Proteste von Umweltschutzorganisationen, Fischereiverbänden oder auch Nachbarländern wie China oder Südkorea konnten das Vorhaben nicht stoppen. Greenpeace hat z.B. darauf hingewiesen, dass das eingeleitete Wasser keineswegs so sauber und harmlos ist, wie die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) behauptet. Die IAEA hat die Strahlenbelastung als „vernachlässigbar“ und aufgrund der Verdünnung als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Andere versuchen die Einleitung zu relativieren, indem sie darauf hinweisen, dass Frankreich z.B. regelmäßig in La Hague noch stärker strahlendes Wasser verklappt.

Die Gefahr besteht darin, dass selbst geringe Strahlenmengen eine zusätzliche Belastung für das gesamte Ökosystem darstellen. Immer wieder werden in Küstennähe um Fukushima Fische mit stark erhöhter radioaktiver Belastung gefunden. Statt die fehlende Entsorgungsmöglichkeit des kontaminierten Wassers als Beleg für das Scheitern der Atomkraft anzuerkennen, wird das Problem wieder einmal verniedlicht, um weiter an der Atomkraft festhalten zu können. Das erinnert sehr an das „Freimessen“  beim Rückbau der Atommeiler in Deutschland. Irgendwie muss man die Atom-Hinterlassenschaften eben loswerden! Ab ins Meer oder auf die Müllkippe! Mögliche Folgeschäden wird man schon nicht nachweisen können! Die Methode „Aus den Augen – aus dem Sinn“ ist sehr beliebt.

Wen wundert es da noch, dass Populisten wie CSU-Chef Markus Söder vorschlagen, den Atommüll aus den 16 Atom-Müll-Dauer-Zwischen-Lagern in ein zentrales Lager nach – man kann nur noch staunen – Gorleben zu verfrachten. Möglichst weit weg von Bayern. Das Schlimmste daran ist nicht einmal, dass Politiker solche unglaublichen Vorschläge machen, sondern dass sie dafür auch noch von großen Teilen der Bevölkerung gewählt werden! 

Fukushima-Mahnwache 2023 – Dem Atomausstieg entgegen

Am 11. März 2011 war es aufgrund eines Erdbebens und eines dadurch ausgelösten Tsunami zum dreifachen Super-GAU im japanischen AKW Fukushima-Daiichi gekommen. Am 12. Jahrestag erinnerte Querstellen-Friedberg daher wieder mit einer Mahnwache an die Atomkatastrophe, um dem Vergessen und Verdrängen der atomaren Gefahr zu begegnen.

Die Mahnwache fand in Erwartung des in Deutschland bevorstehenden Atomausstiegs statt. Nach dem „Machtwort“ von Bundeskanzler Olaf Scholz sollen die drei noch verbliebenen AKW Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 endgültig am 15. April abgeschaltet werden. Schon seit Dezember 2022 sind sie nur noch mit stark reduzierter Leistung am Netz. Das Ende der Atomkraft in Deutschland ist als großer Erfolg der Anti-Atom-Bewegung zu bewerten, weshalb an den AKW-Standorten am 15. April auch mit Musik, Kabarett, Reden und Interviews gefeiert wird. Zum Abschaltfest nach Neckarwestheim lud Hans-Dieter Wagner daher die Anwesenden schon einmal mit den Worten ein: „Das sollten wir uns an diesem historischen Tag des Atomausstiegs gönnen“.

In einem lebhaften Wechselgespräch machten Ulla Bröker und Inge Faber jedoch sehr deutlich, dass der Atomausstieg damit noch lange nicht abgeschlossen ist: „Wir hier sind ja nicht das einzige Land in Europa, in dem AKW stehen. Wir sind quasi ‚umzingelt‘ von Atomkraftwerken. Und abgesehen davon, dass bei uns demnächst kein Reaktor mehr laufen wird, gibt es auch nach der Abschaltung den strahlenden Rest – in einer strahlenden Zukunft.“ In 17 Zwischenlagern strahlt allein in Deutschland der Atommüll weiter vor sich hin. Das nächstgelegene befindet sich in Biblis.

Mit erschreckenden Jahreszahlen machten sie deutlich, wie weit wir noch von einem vollständigen Atomausstieg entfernt sind: Die Sicherheit der Castor-Behälter, in denen der hochradioaktive Müll lagert, ist auf max. 40 Jahre ausgelegt. In Gorleben erreichen die Castoren bereits 2034 dieses Alter. Ein Endlager-Standort sollte ursprünglich bis 2031  gefunden sein. Inzwischen ist klar, dass die Standortsuche mindestens noch bis 2046, vielleicht auch bis 2068 dauern wird. Das kann derzeit noch niemand wirklich beantworten. Gebaut wird dann vielleicht ab 2087 und eingelagert möglicherweise erst im nächsten Jahrhundert. Das sind beunruhigende Zahlen, denn für uns Menschen ist das gefühlt noch ewig hin.

Der Atomausstieg ist auch in anderer Hinsicht unvollständig, denn die Uran-Anreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen sind vom Atomausstieg ausgeklammert. Munter werden weiter Brennstäbe für viele europäische AKW produziert. Der französische Atomkonzern Framatome, dem die Brennelementefabrik in Lingen gehört, plant sogar eine Erweiterung der Fabrik – und man staunt nicht schlecht – ausgerechnet mit dem russischen Atomkonzern Rosatom.

Die beiden Sprecherinnen riefen daher am Ende auf: „Wir müssen weiter kämpfen und weiter unseren Mund aufmachen. Für Deutschland bleibt es aber am 15. April dabei: Drei – Zwei – Eins – Keins!“

11 Jahre Fukushima-Katastrophe und Atomgefahr in der Ukraine – Mahnwache am 12. März 2022

Eine Mahnwache in schlimmen Zeiten: Samstag, 12. März 2022, Elvis-Presley-Platz/Ecke Haagstraße, Dauer 10-13 Uhr, Kundgebung um 11 Uhr.

Solidarität mit der Ukraine

Der schreckliche Krieg in der Ukraine birgt auch die Gefahr, dass die begonnene Transformation unserer Gesellschaft um Jahrzehnte zurückgeworfen wird. Eine erneute Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und die Streckung des Kohleausstiegs werden bereits diskutiert. Zwei neue Terminals für Flüssiggas sollen gebaut werden, was sicher nicht der Energiewende dient. Deutschland liefert ganz offen Waffen in ein Kriegsgebiet und die Bundeswehr soll mit unglaublichen 100 Milliarden aufgerüstet werden. Dieses Geld könnte auch zur Bekämpfung der Klimakatastrophe und für die Energiewende eingesetzt werden. Stattdessen knallen bei der Waffen-, Atom-, Gas- und Kohleindustrie derzeit die Champagner-Korken.

Es darf nicht sein, dass die mühsam von zwei Generationen erkämpften Fortschritte hin zu einer friedlicheren, ökologischeren und sozialeren Welt jetzt geopfert werden.

Um 11 Uhr findet eine Kundgebung zu folgenden Themen statt:

  • 11 Jahre Atomkatastrophe-Fukushima
  • Situation der Atomkraft in der Ukraine
  • gefährdet Putins Krieg den Atomausstieg 2022
  • Greenwashing der Atomkraft durch EU-Taxonomie
  • ist Atomkraft eine Hilfe fürs Klima
  • Windpark Winterstein als Beitrag unserer Region zur Energiewende
Nur der Müll ist nachhaltig
  • Außerdem wollen wir Jochen Stay, dem Anti-Atom-Aktivisten und langjährigem Leiter von .ausgestrahlt gedenken, der im Januar allzu früh verstarb. Am Tag unserer Mahnwache findet in Gorleben eine Trauerveranstaltung für ihn statt.
  • Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Markus Fenske, wird über den aktuellen Stand zum Windpark Winterstein berichten.
  • In einem Pavillon wird die Plakatausstellung „Fukushima, Tschernobyl und wir“ von .ausgestrahlt gezeigt und wir haben Infomaterial und einige Überraschungen vorbereitet.

Wir wollen – trotz allem – den Erfolg der Anti-Atom-Bewegung in Deutschland feiern und laden deshalb besonders herzlich diejenigen ein, die sich schon seit vielen Jahren gegen Atomkraft engagieren. Auch machen wir auf die zwei Anti-Atom-Radtouren von .ausgestrahlt aufmerksam. Infos hier und natürlich bei .ausgestrahlt.