Radioaktives Kühlwasser von Fukushima wird im Meer verklappt

Auch 12 Jahre nach dem dreifachen GAU im AKW Fukushima Daiichi müssen die geschmolzenen Reaktorkerne noch täglich mit rund 170.000 Liter Wasser gekühlt werden. Mittels einer „Eismauer“ wird versucht zu verhindert, dass größere Mengen davon ins Meer versickern. Die über 1000 Großtanks, in denen das kontaminierte Kühlwasser gesammelt wird, sind inzwischen allerdings voll, und die Betreiberfirma TEPCO hat, mit Zustimmung der japanischen Regierung, am 24. August 2023 begonnen, das Kühlwasser durch einen kilometerlangen Tunnel in den Pazifischen Ozean einzuleiten.

Fotos von einer Demonstration in Frankfurt, die am 26. August 2023 von der Koreanischen Friedensgruppe Frankfurt organisiert wurde.

Zuvor wird das kontaminierte Wasser zwar in einem komplexen Filterprozess weitgehend von rund 60 radioaktiven Stoffen gereinigt, aber nicht alle Radionuklide lassen sich vollständig entfernen. U.a. kann Tritium nicht herausgefiltert werden. Da das so teilgereinigte Abwasser noch zu sehr strahlt, wird es bereits vor der Verklappung so stark mit Meerwasser verdünnt, dass die Tritium-Konzentration unter 1.500 Becquerel pro Liter sinkt. Das ist ein „fauler“ Trick, denn die Menge des eingeleiteten radioaktiven Materials bleibt letztlich gleich und wird nur zeitlich gestreckt. Über 1,3 Milliarden Liter verstrahltes Wasser sollen so über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren ins Meer geleitet werden.

Weltweite Bedenken und Proteste von Umweltschutzorganisationen, Fischereiverbänden oder auch Nachbarländern wie China oder Südkorea konnten das Vorhaben nicht stoppen. Greenpeace hat z.B. darauf hingewiesen, dass das eingeleitete Wasser keineswegs so sauber und harmlos ist, wie die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) behauptet. Die IAEA hat die Strahlenbelastung als „vernachlässigbar“ und aufgrund der Verdünnung als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Andere versuchen die Einleitung zu relativieren, indem sie darauf hinweisen, dass Frankreich z.B. regelmäßig in La Hague noch stärker strahlendes Wasser verklappt.

Die Gefahr besteht darin, dass selbst geringe Strahlenmengen eine zusätzliche Belastung für das gesamte Ökosystem darstellen. Immer wieder werden in Küstennähe um Fukushima Fische mit stark erhöhter radioaktiver Belastung gefunden. Statt die fehlende Entsorgungsmöglichkeit des kontaminierten Wassers als Beleg für das Scheitern der Atomkraft anzuerkennen, wird das Problem wieder einmal verniedlicht, um weiter an der Atomkraft festhalten zu können. Das erinnert sehr an das „Freimessen“  beim Rückbau der Atommeiler in Deutschland. Irgendwie muss man die Atom-Hinterlassenschaften eben loswerden! Ab ins Meer oder auf die Müllkippe! Mögliche Folgeschäden wird man schon nicht nachweisen können! Die Methode „Aus den Augen – aus dem Sinn“ ist sehr beliebt.

Wen wundert es da noch, dass Populisten wie CSU-Chef Markus Söder vorschlagen, den Atommüll aus den 16 Atom-Müll-Dauer-Zwischen-Lagern in ein zentrales Lager nach – man kann nur noch staunen – Gorleben zu verfrachten. Möglichst weit weg von Bayern. Das Schlimmste daran ist nicht einmal, dass Politiker solche unglaublichen Vorschläge machen, sondern dass sie dafür auch noch von großen Teilen der Bevölkerung gewählt werden! 

Alarmstufe Orange-Rot

Das Abschalten der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland ist ein hart erkämpfter Erfolg der Menschen, die sich über Jahrzehnte bei der Atomkraft querstellten. Das atomare Risiko hat sich dadurch verringert, auch wenn die Atomfabriken in Lingen und Gronau noch immer produzieren,  weiterhin strahlender Atommüll in unsicheren Zwischenlagern herumsteht und ein Endlager für die tödliche Hinterlassenschaft noch lange nicht in Sicht ist.

Aber rechte Freude über den Atomausstieg kann nicht aufkommen, denn immer häufiger leuchtet – wie bei den Klimastreifen von Ed Hawkins – die Alarmstufe Orange-Rot auf und die Warnsirenen schwellen zu einem schrillen Dauerton an. Die Klimakrise spitzt sich in atemberaubendem Tempo zu. Täglich erreichen uns neue Schreckensmeldungen: Hitzerekorde, die höchsten Temperaturen seit Aufzeichnungsbeginn, Meeresspiegelanstieg, Dürren selbst in gemäßigten Breiten, austrocknende Flüsse, Waldbrände und Überschwemmungen. Der Erdüberlastungstag wird von Jahr zu Jahr früher erreicht, das arktische Meereis schwindet, die verbliebenen Inlandgletscher sind bald nur noch Fotoerinnerungen vergangener Generationen und die Permafrostböden tauen. Wasserknappheit, Überschreitung der Erderhitzung über 1,5 Grad, Artenaussterben, eine wachsende Zahl von Klimaflüchtlingen und unmenschliche Methoden, ihnen den Zugang zu verwehren, sind düstere Bestandteile einer sich real vollziehenden Apokalypse. Die von Wissenschaftlern berechneten Szenarien werden immer häufiger von der Realität überholt und sind inzwischen für uns alle spürbar.

Seit Generationen heizen die Menschen in den reichen Industrieländern durch ihre verschwenderische Lebensweise die Erde auf. Rasend schnell steuern wir auf Kipppunkte zu, die unumkehrbar den Zustand unseres Planeten verändern. Beschlossene Klimaziele werden gebrochen oder zumindest stark reduziert. Statt die Notbremse zu ziehen, wird versucht, möglichst lange an der gewohnten Lebensweise festzuhalten. Diejenigen, die mahnen und mit Methoden des zivilen Ungehorsams gegen Kohleabbau oder für eine Verkehrswende eintreten, werden kriminalisiert. So wird trefflich von den wirklich für die Krise Verantwortlichen abgelenkt. Das auf Ausbeutung von Mensch und Natur beruhende, einem grenzenlosen Konsum und Wachstum huldigende, kapitalgetriebene Wirtschaftssystem passt sich elegant den sich verändernden Verhältnissen an. Mit neuen Technologien und geschicktem Greenwashing profitieren weiterhin die Konzerne, die für den jetzigen Zustand verantwortlich sind.

Zugegeben, es fällt schwer, die Dimension der Menschheitskrise zu erfassen. Gegen die düstere Perspektive wehrt sich unser Gehirn durch massive Verdrängung. Wir flüchten in die unbegründete Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm kommen wird. Aber solange wir uns das Ausmaß der Krise nicht eingestehen, werden die Maßnahmen halbherzig bleiben, und wir rasen weiterhin auf den Abgrund zu. Die bevorstehende Transformation ist die größte Herausforderung seit Bestehen der Menschheit. Die industrielle Revolution vollzog sich vergleichsweise langsam, die sog. digitale Revolution erscheint geradezu unbedeutend gegenüber der bevorstehenden Energierevolution – eine Bezeichnung, die z.B. auch von Peter Hennicke oder Volker Quaschning verwendet wird. Gelingt in den nächsten Jahren nicht der rasche Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen und die vollständige Dekarbonisierung, wird sich das Antlitz der Erde auf dramatische Weise verändern und ein Leben für uns Menschen in erträglicher Weise nicht mehr möglich sein.

Leisten wir daher unseren Beitrag zur Energ!erevolut!on und unterstützen wir alle diejenigen ohne Wenn und Aber, die sich dafür einsetzen! Vielleicht ist ein anderes, sogar glücklicheres Leben im Einklang mit der Natur, ohne ausufernden Konsum und Ressourcenverbrauch, ohne Egoismus, Gier und Konkurrenz, stattdessen solidarisch und gemeinwohlorientiert möglich? Nicht die aktuelle Bundesregierung ist an der Menschheitskrise schuld!  Sie hat aber die Aufgabe, sie mit wirksamen Maßnahmen zu bekämpfen. Notwendige Schritte zur Krisenbewältigung dürfen nicht ausgebremst werden, sondern die Politiker*innen müssen ermutigt werden, die Energ!erevolut!on voranzutreiben. Wer sich allerdings in Parlamenten und anderen verantwortlichen Positionen an eine unwiederbringliche Vergangenheit klammert, ist nicht mehr tragbar. Wir brauchen mutige Menschen, denn noch ist keineswegs sicher, ob die Transformation gelingt. Ein gemeinsamer Versuch ist es aber allemal wert. Wir wollen mit dazu beitragen und haben nach dem Ausstieg aus der Atomkraft die Kopfleiste unserer Website entsprechend angepasst. Wir werden uns weiter querstellen, dort wo es erforderlich ist, und gleichzeitig aufbrechen, um für eine bessere Welt einzutreten.

Große Windpark Winterstein Wanderung am 4. Juni 2023

Dem Aufruf „Auf zum Gipfel!“ des Bündnisses Windpark Winterstein folgten ca. 140-150 Personen, die bei viel Sonne und hohen Temperaturen aus vier Himmelsrichtungen den Aufstieg zum 518 m hohen Steinkopf wagten. Dort angekommen erwartete sie Musik der Wetterauer Barden Martin Schnur und Jürgen Wagner und Reden von Politiker*innen und Vertretern des Windparkbündnisses, dessen Partnerorganisationen inzwischen auf die stattliche Zahl 30 angestiegen sind.

Zahlreiche Redner*innen nahmen zum geplanten Windpark Stellung, lobten das Engagement des Bündnisses und unterstrichen die Notwendigkeit und den Nutzen des Windparks. Sven Weiberg (Linke Friedberg), Markus Fenske (Grüne Friedberg), Dr. Klaus-Dieter Rack (SPD Friedberg), Matthias Körner (SPD Landtagskandidat) sprachen Grußworte. Die Hauptredner des Bündnisses waren Diethardt Stamm (Energiebildungsverein) und Dr. Werner Neumann (BUND). Spontan ergriffen außerdem Michaela Colletti (Grüne Rosbach), Cordula Jacubowsky (BUND und Klimaliste Königstein) und Joachim Arnold (Vorstandsvorsitzender der OVAG) das Wort. Das entschädigte die Gäste reichlich dafür, dass alle Hauptverantwortlichen für die Planung des Windparks, nämlich die Bürgermeisterin und Bürgermeister der vier Anrainerkommunen, HessenForst und BundesForst der Einladung nicht gefolgt waren. Gerne hätten die Teilnehmenden aus erster Hand Informationen über den aktuellen Entwicklungsstand erhalten, gerade weil der Entscheidungsprozess noch im Gange ist.

Die in der Wetterauer Zeitung veröffentlichte Berichterstattung zum Gipfeltreffen kann hier abgerufen werden. Als PDF-Download haben wir jetzt auch Auszüge aus den Redebeiträgen bereitgestellt.

Martin Schnur und Jürgen Wagner hatten eigens ein Musikprogramm zum Thema Windpark zusammengestellt und begeisterten das Publikum mit der Leichtigkeit, mit der sie das schwierige Thema auf den Punkt brachten. Jürgen Wagner gelang es sogar, dass alle kräftig den Refrain seiner neu kreierten Windpark-Hymne „Hier steht bald ein Windpark“ mitsangen.

Eine kleine Bildergeschichte zur Windpark-Wanderung soll zunächst genügen, um einen ersten Eindruck vom Winterstein-Gipfeltreffen zu geben.

Atomkraftwerke endlich abgeschaltet

Am 15. April 2023 wurde in Deutschland die Stromproduktion durch Atomkraft eingestellt. Die letzten drei AKW Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 gingen um Mitternacht vom Netz. Die von Beginn an umstrittene Atomkraft ist Geschichte. Deutschland ist atomstromfrei! Eine erneutes Anfahren, ein Reservebetrieb oder ähnliche Vorschläge sind bei diesen Kraftwerken weder technisch, juristisch noch ökonomisch realistisch, auch wenn es einige Akteure aus populistischen und parteitaktischen Erwägungen weiterhin fordern.

AtomkraftgegnerInnen vor dem AKW Neckarwestheim
AtomkraftgegnerInnen vor dem AKW Neckarwestheim

Die Atomkraft war schon immer ein Ausdruck menschlicher Selbstüberschätzung und einer rücksichtslosen Unterwerfung und Ausplünderung der Natur. Gleich mehrere Havarien, z.B. 1979 in Harrisburg, 1986 in Tschernobyl oder 2011 in Fukushima, machten schmerzlich deutlich, dass diese Hochrisikotechnologie nicht zuverlässig zu beherrschen ist. Viel zu lange und zu oft wurde der Ausstieg bei uns hinausgezögert und wir können von Glück sagen, dass es bei uns keine großen Unfälle gab. Zwei bis drei Generationen haben diese gefährliche Technologie genutzt und hinterlassen den kommenden 30.000 Generationen ein bitteres Erbe. Trotz aller Bemühungen um ein möglichst sicheres, tiefengeologisches Lager, kann heute niemand abschätzen, welche Folgen der hinterlassene Atommüll haben wird. Daher ist es gut, dass wir jetzt endlich ausgestiegen sind und versuchen, auf umweltverträglichere Weise, mittels erneuerbaren Energien, unseren Energiehunger zu stillen. Große Aufgaben liegen hier noch vor uns.

Abschaltfest in Neckarwesheim
Abschaltfest in Neckarwesheim

Am 15. April feierte die Anti-Atom-Bewegung in Lingen, Neckarwestheim und München den Ausstieg, wohlwissend, dass er unvollständig ist, denn in Gronau läuft die Uran-Anreicherungs-Anlage weiter, in Lingen werden weiter Brennstäbe für halb Europa produziert und in 16 Zwischenlagern stehen Castor-Behälter mit hochradioaktivem Müll, die nur auf 40 Jahre ausgelegt sind. Das sog. Endlager wird es bis dann nicht geben. In Neckarwestheim gab es vor dem AKW ein buntes Programm mit Musik und Tanz, abwechslungsreichen Darbietungen zur Geschichte der Anti-Atom-Bewegung und spannenden Redebeiträge.

Urgestein Wolfgang Ehmke von der BI in Gorleben sagte u.a.:  „Einige Leute liegen mit dem Trick auf der Lauer, diese AKW, die jetzt heruntergefahren werden, betriebsbereit zu halten. Wir dürfen das nicht zulassen. Wir dürfen nicht nachlassen. Wir können nicht mit heute aufgeben. Wir sind weiterhin Wächterinnen und Wächter und müssen notfalls wieder auf die Straße gehen für unsere Ziele.“  

Anti-Atom-Fahnen vor dem AKW-Gelände
Anti-Atom-Fahnen vor dem AKW-Gelände

Am Ende seiner Rede rief er den Versammelten zu: „Wir können heute feiern, dass die Zivilgesellschaft es geschafft hat, die Atomkraftwerke auszuknipsen. Geben wir diese Kraft den jungen Leuten weiter. Machen wir mit bei der Bewegung gegen fossile Energien. Lasst das Uran in der Erde, lasst die Kohle in der Erde und lasst die Sonne scheinen – ich ergänze noch – und lasst den Wind wehen!“

Fukushima-Mahnwache 2023 – Dem Atomausstieg entgegen

Am 11. März 2011 war es aufgrund eines Erdbebens und eines dadurch ausgelösten Tsunami zum dreifachen Super-GAU im japanischen AKW Fukushima-Daiichi gekommen. Am 12. Jahrestag erinnerte Querstellen-Friedberg daher wieder mit einer Mahnwache an die Atomkatastrophe, um dem Vergessen und Verdrängen der atomaren Gefahr zu begegnen.

Die Mahnwache fand in Erwartung des in Deutschland bevorstehenden Atomausstiegs statt. Nach dem „Machtwort“ von Bundeskanzler Olaf Scholz sollen die drei noch verbliebenen AKW Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 endgültig am 15. April abgeschaltet werden. Schon seit Dezember 2022 sind sie nur noch mit stark reduzierter Leistung am Netz. Das Ende der Atomkraft in Deutschland ist als großer Erfolg der Anti-Atom-Bewegung zu bewerten, weshalb an den AKW-Standorten am 15. April auch mit Musik, Kabarett, Reden und Interviews gefeiert wird. Zum Abschaltfest nach Neckarwestheim lud Hans-Dieter Wagner daher die Anwesenden schon einmal mit den Worten ein: „Das sollten wir uns an diesem historischen Tag des Atomausstiegs gönnen“.

In einem lebhaften Wechselgespräch machten Ulla Bröker und Inge Faber jedoch sehr deutlich, dass der Atomausstieg damit noch lange nicht abgeschlossen ist: „Wir hier sind ja nicht das einzige Land in Europa, in dem AKW stehen. Wir sind quasi ‚umzingelt‘ von Atomkraftwerken. Und abgesehen davon, dass bei uns demnächst kein Reaktor mehr laufen wird, gibt es auch nach der Abschaltung den strahlenden Rest – in einer strahlenden Zukunft.“ In 17 Zwischenlagern strahlt allein in Deutschland der Atommüll weiter vor sich hin. Das nächstgelegene befindet sich in Biblis.

Mit erschreckenden Jahreszahlen machten sie deutlich, wie weit wir noch von einem vollständigen Atomausstieg entfernt sind: Die Sicherheit der Castor-Behälter, in denen der hochradioaktive Müll lagert, ist auf max. 40 Jahre ausgelegt. In Gorleben erreichen die Castoren bereits 2034 dieses Alter. Ein Endlager-Standort sollte ursprünglich bis 2031  gefunden sein. Inzwischen ist klar, dass die Standortsuche mindestens noch bis 2046, vielleicht auch bis 2068 dauern wird. Das kann derzeit noch niemand wirklich beantworten. Gebaut wird dann vielleicht ab 2087 und eingelagert möglicherweise erst im nächsten Jahrhundert. Das sind beunruhigende Zahlen, denn für uns Menschen ist das gefühlt noch ewig hin.

Der Atomausstieg ist auch in anderer Hinsicht unvollständig, denn die Uran-Anreicherungsanlage in Gronau und die Brennelementefabrik in Lingen sind vom Atomausstieg ausgeklammert. Munter werden weiter Brennstäbe für viele europäische AKW produziert. Der französische Atomkonzern Framatome, dem die Brennelementefabrik in Lingen gehört, plant sogar eine Erweiterung der Fabrik – und man staunt nicht schlecht – ausgerechnet mit dem russischen Atomkonzern Rosatom.

Die beiden Sprecherinnen riefen daher am Ende auf: „Wir müssen weiter kämpfen und weiter unseren Mund aufmachen. Für Deutschland bleibt es aber am 15. April dabei: Drei – Zwei – Eins – Keins!“

Einladung Fukushima-Mahnwache 2023

Am 12. Jahrestag der Atomkatastrophe in Fukushima laden wir zu einer Mahnwache ein: Samstag, 11. März 2023, 10-13 Uhr, Friedberg, vor der Apotheke am südlichen Ende des Elvis-Presley-Platzes.

Gerade weil Fukushima zunehmend von anderen Themen aus dem Bewusstsein verdrängt wird, wollen wir dem Vergessen entgegen wirken. Vor 12 Jahren führten ein Erdbeben und eine dadurch ausgelöste Flutwelle zum Mehrfach-GAU im japanischen AKW Fukushima Daiichi und zur Verseuchung weiter Landstriche. Die aktuellen Erdbeben in der Türkei und Syrien erinnern uns wieder an die unterschätzte Gefahr, die Erdbeben für Atomkraftwerke darstellen. Trotz aller Dekontaminierungsversuche in Fukushima und der schrittweisen Aufhebung der Sperrzonen, kann keine Entwarnung gegeben werden. Die Region bleibt verseucht und der Rückbau des AKW wird viele Jahrzehnte dauern.

In Deutschland rückt der Atomausstieg langsam näher. Die drei noch verbliebenen AKW Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland werden voraussichtlich bis zum 15. April mit stark reduzierter Leistung am Netz bleiben,  dann aber endgültig abgeschaltet. Dass in Deutschland Mitte April endlich Schluss mit der Atomkraft in Deutschland ist, darf als großer Erfolg der Anti-Atom-Bewegung gesehen werden, denn nicht überall in Europa ist man schon zum Ausstieg entschlossen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat durch sein Machtwort sein politisches Schicksal mit dem Ausstiegstermin verknüpft und es müssten schon sehr unerwartete und dramatische Ereignisse eintreten, um noch einmal vom Atomausstieg abrücken zu können. Dennoch erleben wir ständig Versuche, den Ausstieg immer wieder aufs Neue in Frage zu stellen und die Probleme und Gefahren der Atomkraft herunterzuspielen. Die Atomkraftlobby hat einen langen Atem. Allen voran kämpfen AfD und FDP weiter für eine Renaissance der Atomkraft.

Auch ist, wie wir alle wissen, der Atomausstieg keineswegs vollständig. In Lingen werden weiter Brennelemente für Atomkraftwerke in halb Europa produziert und das Werk soll – ausgerechnet gemeinsam mit dem russischen Atomkonzern Rosatom – stark ausgebaut werden, um nur auf zwei von vielen Einschränkungen beim Atomausstieg hinzuweisen.

Wir zeigen weiter die Anti-Atom-Flaggen, denn wir wollen einen Atomausstieg ohne Einschränkungen. Wir freuen uns, wenn möglichst viele Menschen dieses Anliegen durch ihr Kommen unterstreichen und sichtbar machen, dass sie Fukushima noch nicht vergessen haben.

Um 11 Uhr gibt es eine Begrüßung und ein Pressefoto wird entstehen. Zwei Atomkraftgegnerinnen setzen sich in einem Dialog mit der aktuellen Atomkraft-Diskussion auseinander. Außerdem liegt reichlich Infomaterial bereit und in einem Pavillon wird die Plakat-Ausstellung „Fukushima, Tschernobyl und wir“ gezeigt.

Kommentar zur Zerstörung Lützeraths

Es ist wie im Kinospektakel „Avatar“. Ein Konzern bringt Zerstörung über Mensch und Natur, um den Planeten auszuplündern und sein Klima zu zerstören. Im Gegensatz zum Film gewinnen in der Realität allerdings – mit massiver Unterstützung durch Politik und Polizei – die Bösen.

Kohlebagger vor Lützerath

Mit technischer und logistischer Überlegenheit wird ein altes Dorf dem Erdboden gleichgemacht und seine  Beschützer*innen werden vertrieben. Riesige Bagger reißen die Erde auf und vergrößern rücksichtslos das größte Loch des Kontinents, um die Rohstoffe auszubeuten.

Das alles macht fassungslos! Nicht nur Natur und Klima werden zerstört, sondern auch das Vertrauen in das politische Handeln, das sich jeglicher Vernunft und Einsicht entzieht und wissenschaftliche Erkenntnisse und internationale Klimaschutzbeschlüsse ignoriert. Die angebliche Notwendigkeit dieses Handelns hat sich längst als vorgeschoben entpuppt. Die Braunkohle unter Lützerath wird weder für die sog. Energiesicherheit gebraucht, noch darf sie verbrannt werden, wenn man die Klimaziele auch nur annähernd erreichen will. Hässliche und unnötige Bilder der Räumung gehen jetzt um die Welt und entlarven Deutschlands halbherzige Klimapolitik: Gigantische Schaufelradbagger fressen sich in die Erde, Menschen werden von Bäumen gepflückt, Häuser und Bäume fallen, Polizisten prügeln auf protestierende Menschenmassen.  Sogar die weltweit angesehene Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden wird von der Polizei körperlich bedrängt, weggetragen und vorübergehend festgesetzt.

In ihrem Redebeitrag auf der großen Demonstration mit 35 000 Menschen hatte Greta zuvor folgendes gesagt: „Die Menschen an der Macht handeln nicht. Wie kann es sein, dass nichts geschieht? … Dies ist ein Verrat an den gegenwärtigen und zukünftigen Generationen. Die Tatsache aber, dass ihr alle hier seid, ist ein Zeichen der Hoffnung. … Was hier in Lützerath passiert, bleibt nicht hier. Deutschland ist einer der größten Klimasünder weltweit und hat eine riesige Verantwortung. Es muss Verantwortung übernommen werden und deshalb sind wir hier. … Menschen auf der ganzen Welt verfolgen, was hier gerade passiert.“

Die Bundesrepublik Deutschland und auch die Partei „Die Grünen“ verspielen ihre Glaubwürdigkeit. Ihr Image als Klimaschützer ist nachhaltig beschädigt. Da helfen auch die kläglichen Rechtfertigungen „alles gesetzlich abgesichert“, „Versorgungssicherheit in der Energiekrise“, „notwendiger Kompromiss“,  „Kohleausstieg vorgezogen“, „falsches Symbol“ und andere Wendungen nicht, um den Frevel vertretbar erscheinen zu lassen.

Seit Jahren kämpfen engagierte Jugendliche für die Rettung des Klimas und die Zukunft ihres Planeten. Ihnen sei für ihr Engagement und ihren Widerstand gedankt. Monatelang bauen sie ein alternatives Dorf auf, stemmen sich gegen das verantwortungslose Abbaggern von noch mehr Braunkohle und nehmen dafür große persönliche Nachteile in Kauf. Räumung und Zerstörung ihres Dorfes hinterlassen auch bei ihnen Narben. Ihnen sei versichert, auch Lützi „bleibt im Kopf bewahrt und im Gedächtnis lebenslang. Genauso das, was ihr getan habt, gierig aus Zerstörungsdrang. … Wir werden uns erinnern, nie vergessen, was geschah.“ Lützerath muss für immer das letzte Dorf bleiben, das der Ausplünderung der Erde zum Opfer fällt.

Ortsschild von Lützerath vor der endgültigen Zerstörung

Zum Schluss ihrer Rede rief Greta noch den 35.000 Demonstrierenden zu: „Heute zeigt ihr eindeutig, dass die Veränderungen nicht von der Regierung, von Konzernen, von den sog. Entscheidungsträgern vorgenommen werden. Nein, sondern durch Menschen, die in Baumhäusern sitzen, die hier auf der Straße sind. Sie kämpfen schon seit Langem. Danke also, danke euch allen. Die Kohle ist noch im Boden. Lützerath gibt es noch. Und so lange die Kohle im Boden ist, ist dieser Kampf nicht vorbei. Wir haben nicht vor aufzugeben. When I say ‚Lützi‘, you say ‚bleibt‘! Danke.“

Zur Erinnerung an Lützerath, die Proteste und die Räumung befindet sich im Menü „Fotos“ noch eine „Bildergeschichte über die Zerstörung Lützeraths“.

Habeck erklärt die Welt

Unsere illustrierte Satirebeilage zur Aufmunterung in düsteren Zeiten:

„Ich bin nicht unzufrieden, wie das mit dem Ausbau der Erneuerbaren gerade läuft. Noch nicht zufrieden, das ist alles noch ein zartes Pflänzchen, und wir kommen hier wirklich aus dem Tal der Tränen. Aber die sind getrocknet, und ein erstes zartes Lächeln kann man sich schon zutrauen.“ (Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck)

Fortsetzung Robert Habeck: „Wir sind noch lange nicht durch. Aber wir haben große Gesetze gemacht, etliche große und kleine Stellschrauben gedreht, … überall haben wir Bremsen gelöst.“

Basta! Schluss jetzt! Atomkraftwerke abschalten! Mahnwache in Friedberg

Basta_Schluss_jetzt

Vor 12 Jahren wurde Querstellen-Friedberg gegründet, um gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu protestieren, die von der damals schwarz-gelben Bundesregierung beschlossen worden war. An Silvester 2022 sollte endgültig Schluss mit der Atomkraft in Deutschland sein, aber jetzt wurde erneut die Laufzeit für die drei noch verbliebenen AKW Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 um dreieinhalb Monate verlängert. Deshalb mussten wir am 10. Dezember auf dem Elvis-Presley-Platz erneut eine Mahnwache durchführen.

Zur Lösung der Energiekrise können die drei AKW kaum etwas beitragen, denn es fehlt in Deutschland an Gas und nicht an Strom. Die AKW liefern nur noch 5-6 % Strom und haben einen Anteil von rund 1 % am Gesamtenergieverbrauch. Vielleicht lassen sich mit ihnen 0,5 % Gas einsparen. Viel zu wenig, um in der Energiekrise helfen zu können. Auch auf den Strompreis haben sie kaum Einfluss, da sich dieser aufgrund des ‚Merit-Order-Prinzips‘ nach dem teuren Gaspreis richtet. Selbst der zweite, verschärfte ‚Stresstest‘ hat gezeigt, dass die Stromversorgung in Deutschland gesichert ist. Die Bundesnetzagentur betont immer wieder aufs Neue, dass selbst unter ungünstigen Bedingungen in Deutschland keinesfalls die Gefahr eins ‚Blackouts‘ besteht.

Die Laufzeitverlängerung bringt also wenig Nutzen, aber hohe Risiken. An den Gründen für den Atomausstiegsbeschluss von 2011 habe sich nichts geändert. Im Gegenteil, bei den 34 Jahre alten Reaktoren sind die Risiken sogar deutlich gestiegen. Die alle 10 Jahre notwendige Sicherheitsüberprüfungen, letztmals 2009 durchgeführt, wurden 2019 ausgesetzt, weil die AKW ja Ende 2022 abgeschaltet werden sollten. Auch Reparaturen wurden nur noch in begrenztem Umfang durchgeführt. Im AKW Neckarwestheim wurden mehr als 300 Spannungsrisse in den dünnen Röhrchen des Dampferzeugers festgestellt. In diesen Röhrchen mit einer Wandstärke von 1 mm trifft der radioaktive Primärkreislauf auf den Sekundärkreislauf. Diese Risse haben die Tendenz, sich unter der Belastung weiter zu vergrößern. Auch in Emsland gibt es sie. In Bayern hat man sie lieber erst gar nicht untersucht. Diese AKW noch länger laufen zu lassen ist extrem fahrlässig und auch juristisch fragwürdig.

Den Atombefürwortern werden vier weiter Monate Zeit gegeben, um den Atomausstieg in Frage zu stellen und den gesellschaftlichen Großkonflikt um die Atomkraft erneut zu entfachen. FDP, CDU, CSU und AfD fordern schon jetzt den Weiterbetrieb der AKW über April hinaus und eine  Renaissance der Atomkraft. Auf der Mahnwache wurde dagegen laut gefordert: „Basta! Schluss jetzt! Es darf keinen Wiedereinstieg geben!“

Dr. Werner Neumann (BUND) bei seiner Rede auf der Mahnwache
Dr.Werner Neumann (BUND) bei seiner Rede auf der Mahnwache in Friedberg

Dr. Werner Neumann vom BUND sprach in seinem Gastvortrag über gravierende Versäumnisse bei der Energiewende. Deutliche Kritik äußerte er an der FDP, die noch vor einiger Zeit verkündet hat, erneuerbare Energien seien ‚Freiheitsenergien‘. In der Realität arbeite sie aber am genauen Gegenteil.  Ganz besonders prangerte er die unzureichenden Maßnahmen im Verkehrssektor an, wo die Einsparungsziele eklatant verfehlt werden. Verkehrsminister Wissing plane den weiteren Ausbau von Straßen, u.a. den 8-spurigen Ausbau der A 3. „Dagegen werden wir unseren Widerstand organisieren. Die Mobilitätspolitik der Bundesregierung ist völlig ungenügend.“

Bezüglich der Atomkraft baut Neumann auf das am 14. Dezember erwartete Urteil über die Klage gegen den Weiterbetrieb von Neckarwestheim. Möglicherweise wird das AKW doch noch per Gerichtsbeschluss zum Jahresende abgeschaltet. „Auf gar keinen Fall darf ein Weiterbetrieb der AKW über April hinaus stattfinden“, so Neumann. Der BUND hat bereits beschlossen, in diesem Fall eine Stilllegungsklage, exemplarisch für das AKW Emsland, einzureichen und bereitet sich auch auf eine Verfassungsklage gegen den Wiedereinstieg vor. Am 15. April soll an den noch verbliebenen Atomkraft-Standorten groß das Ende der Atomkraft gefeiert werden. „Aus, aus, endgültig aus für Atomkraft in Deutschland!“ ruft er abschließend den Versammelten unter Applaus zu.

„Atomkraft muss weg und erneuerbare Energien müssen her“, beginnt Diethardt Stamm vom ‚Bündnis Windpark Winterstein‘ seinen Redebeitrag. Besonders gelte das natürlich für die Windkraft. Aber dort hakt es erheblich beim Ausbau. Gerade hat die letzte Firma in Norddeutschland ihre Produktion von Windradflügeln eingestellt, weil zu wenige Windräder gebaut werden. Hunderttausend Arbeitsplätze seien durch den stockenden Ausbau bedroht. In Hessen wurden in diesem Jahr gerade einmal 8 Windräder gebaut, weiß Stamm zu berichten und nennt diese Entwicklung „eine Katastrophe“. In den vier Kommunen um den Winterstein geht es aber einen Schritt voran. Zwischen dem regionalen Energieversorger OVAG und den Kommunen zeichnet sich ein Abkommen ab. Zwischen 12 und 18 Windenergieanlagen neuester Bauart will die OVAG dort errichten und die Kommunen und Bürger*innen einbinden. Das Bündnis Windpark Winterstein begrüßt ausdrücklich diese Entwicklung. Aber es ist nur ein erster Schritt. Auch Land und Bund müssen sich mit ihren Flächen an diesem Konzept beteiligen. Stamm kritisierte diesbezüglich die hessische Landesregierung und den ihr unterstellten Hessenforst. Beim Hessenforst spielten die Einnahmen durch die Windenergie eine noch zu große und die Bürgerbeteiligung eine viel zu geringe Rolle. Er fordert deshalb für den Winterstein ein ‚Modellprojekt‘, in dem Bürger*innen und Bürgerenergiegenossenschaften die Hauptrolle spielen. Auch die Verfahrensdauer bei der Realisierung eines Windparks müsse deutlich verringert werden. Statt sechs Jahre sollte es höchstens drei dauern, bis ein Windpark steht. Stamm schließt ironisch-optimistisch mit dem Satz „Wir schaffen das!“

Jetzt gibt es die Basta-Sonnen als PDF-Datei auch zum Herunterladen und Ausdrucken.