Edle Tropfen vom Energiepark Mainz

Die rheinlandpfälzische Landeshauptstadt Mainz ist weithin für ihre Wein- und Sektkeltereien bekannt. Da ist es nur naheliegend, dass dort auch Wasserstoff, der „Champagner unter den Energieträgern“ (Claudia Kemfert),  hergestellt wird. Querstellen-Friedberg besuchte Anfang Oktober 2022 die Produktionsanlage im Energiepark Mainz,  um sich über die Herstellung von Wasserstoff zu informieren.

Besichtigung des Energieparks Mainz, links ein Wasserstofftank
Während der Besichtigung des Energieparks Mainz. Links einer der Wasserstofftanks.

Seit 2015 betreiben die Mainzer Stadtwerke in Kooperation mit der Linde Group in Mainz-Hechtsheim eine Anlage zur Produktion von Wasserstoff. Drei Elektrolyseure der Firma Siemens mit einer Spitzenleistung von je 2 MW, sind dort installiert, die im Dauerbetrieb zusammen 4 MW Strom aufnehmen und damit Wasserstoff produzieren können. Es handelt sich um eine der ersten Anlagen dieser Art in Deutschland, die zeigt, dass die Wasserstoffherstellung auch in größerem Umfang funktioniert und flexibel eingesetzt werden kann. Rund 17 Mio. € wurden dafür in den Energiepark investiert.

Elektrolyseur und Wasserstofftankstelle im Energiepark Mainz
Links einer der drei Elektrolyseure, rechts die vollautomatische Wasserstofftankstelle

Der Strom für die Elektrolyse kommt aus dem Mittelspannungsnetz der Mainzer Stadtwerke und auch von Windrädern aus dem angeschlossenen Windpark. Strom wird angekauft, wenn er an der Börse günstig ist, d.h. wenn ein Überschuss an Energie vorhanden ist. Als wir zu Gast waren, lief die Produktion leider nicht, denn aktuell ist die Anlage noch nicht ausgelastet.

Im Mainzer Energiepark wurden erstmals viele innovative Techniken bei der Elektrolyse, der Verdichtung des Wasserstoffs, der Speicherung in den Tanks, der Einspeisung ins Erdgasnetz, bei Betankung und Transport eingesetzt und für die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff optimiert. Die Anlage bietet die Möglichkeit, überschüssigen Windstrom in Wasserstoff umzuwandeln und zu speichern. Bis zu 10 % Wasserstoff können auch ins Erdgasnetz eingespeist werden und so den Anteil von fossilem Erdgas etwas verringern. Diese geschieht bereits beim Erdgasnetz des Mainzer Stadtteils Ebersheim.

In einer nachträglichen, internen Diskussion unter den Teilnehmer:innen, bei der es leider keinen Champagner, sondern lediglich Kaffee gab, wurde weiter über den Nutzen von Wasserstoff diskutiert. Ob Wasserstoff klimaneutral ist, hängt von seiner Herstellung ab. Bei der Herstellung von grauem Wasserstoff aus Erdgas, Schweröl oder Kohle wird noch mehr CO2 freigesetzt als bei direkter Verbrennung. Die Teilnehmenden waren sich deshalb darin einig, dass lediglich grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie klimaneutral und damit akzeptabel ist. Dafür müssen jedoch große Mengen überschüssiger Strom aus erneuerbarer Energie zur Verfügung stehen, die zurzeit noch fehlt. Wird – wie wohl auch häufig in Mainz – der normale Strommix aus dem Stromnetz bei der Elektrolyse eingesetzt, ist die Wasserstoffproduktion allerdings noch klimaschädlich. Wasserstoff ist keinesfalls der alleinige Retter aus der Energienot. Denn auch das „Effizienzproblem“ von Wasserstoff bei der gesamten Umwandlungskette muss im Auge behalten werden: Bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff, bei Speicherung und Transport und einer späteren Rückumwandlung in einer Brennstoffzelle zu Strom gehen insgesamt rund 2/3 der eingesetzten Primärenergie „verloren“. Die direkte Nutzung von Strom oder seine Speicherung in Batterien ist daher in vielen Fällen sinnvoller. Dies gilt auf jeden Fall beim Individualverkehr. Beim Energiemix der Zukunft wird Wasserstoff aber sicher eine gewisse Rolle spielen. Er wird z.B. als Brennstoff für den Schwerlastverkehr, für Schiffe oder Flugzeuge dienen, er wird bei energieintensiven Industriezweigen (z.B. Stahlproduktion oder chemische Industrie) die fossilen Brennstoffe ersetzen und auch als zukünftiger Langzeitspeicher für die erneuerbaren Energien dienen. Um die Energierevolution jedoch voranzutreiben und Klimaneutralität zu erreichen, ist der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren sicher vorrangig.

Ein Stresstest für demokratische Entscheidungen

Ein 1. Stresstest zur Sicherheit der Energieversorgung wurde von März bis Mai 2022 durchgeführt und ging von folgenden Annahmen aus: Russisches Gas fällt aus, der Gaspreis steigt stark an, eine hohe Zahl französischer Atomkraftwerke ist außer Betrieb und Deutschlands Atomkraftwerke sind abgeschaltet. Es zeigte sich, dass die Versorgungssicherheit im bevorstehenden Winter nicht gefährdet ist und die letzten drei AKW planmäßig gemäß Atomgesetz abgeschaltet werden können. Das Fazit zu einem Weiterbetrieb lautete: „Eine Verlängerung der Laufzeiten könnte nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten und mit Abstrichen an den notwendigen Sicherheitsüberprüfungen – und das bei einer Hochrisikotechnologie.“ Nach wenigen Monaten wurde ein 2. Stresstest zwecks Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke durchgeführt, der „ergebnisoffen“ sein sollte, was schließlich nur bedeuten konnte, dass der Weg zu einer erneuten Laufzeitverlängerung grundsätzlich geöffnet werden sollte. Durch Verschärfung der Szenarien konnte eine solche Option auch geschaffen werden, damit alle Beteiligten im Koalitionsgerangel ihr Gesicht wahren können. Wirtschafts- und Energieminister Habeck hat jetzt vorgeschlagen: Es bleibt grundsätzlich beim Atomausstieg! Das AKW Emsland geht planmäßig vom Netz. Neckarwestheim 2 und Isar 2 bleiben als „Reserve“, um sie bei Bedarf bis April einsetzen zu können, falls in Süddeutschland eine Netzinstabilität droht, bzw. Frankreich weiter Probleme mit seinen Atomkraftwerken haben sollte.

Aus Sicht von Atomkraftgegnern ist das zwar ein fauler Kompromiss, aber von den vielen noch schlechteren Varianten vielleicht die erträglichste. Im Idealfall werden die beiden AKW im Dezember abgeschaltet und bleiben es auch. Der mögliche Resevebetrieb wirft allerdings viele rechtliche und sicherheitstechnische Fragen auf: Sicherheitsprüfungen und Betriebserlaubnis laufen ab, im AKW-Neckarwestheim gibt es gefährliche Korrosionsrisse im Wärmetauscher, für die Stromproduktion oder gar den Strompreis sind die verbleibenden Kapazitäten kaum von Belang, um nur wenige Probleme zu nennen. Außerdem werden die Atomkraft-Befürworter nicht ruhen, aus dem Reservebetrieb einen Wiedereinstieg zu machen.

Der Atomausstieg darf auf keinen Fall erneut gekippt werden. Nach jahrzehntelanger gesellschaftlicher Diskussion mit teils bitteren Auseinandersetzungen, nach wiederholten Entscheidungsrevisionen zwischen Laufzeitverlängerung und Ausstieg, wäre eine Verlängerung dieses Dauerkonfliktes eine Katastrophe für den Diskurs und die Entscheidungsfindung in unserer Republik. Eine erneute Kehrtwende würde grundlegende Zweifel an der Zuverlässigkeit demokratischer Einigungen und ihrer Umsetzung aufwerfen. Wie soll eine Gesellschaft funktionieren, in der alle paar Jahre grundlegende Entscheidungen wieder in ihr Gegenteil verkehrt werden?

Aktuell gibt es wahrlich große Herausforderungen zu meistern, wenn wir z.B. an den Krieg in Europa, die sich zuspitzende Klimakatastrophe oder die fortschreitende soziale Spaltung denken, um nur einige zu nennen. Eine erneute Auseinandersetzung um die Atomkraft muss man nicht noch zusätzlich entfachen, denn sie nützt nur denen, die unsere Gesellschaft weiter destabilisieren wollen. Es droht eine Zerreißprobe in der Regierung, eine Identitätskrise für die Grünen und sozialer Unfrieden in der Gesellschaft. Von bestimmten Kreisen und politischen Parteien wird dies derzeit bewusst angestrebt, weil sie dem politischen Gegner schaden und sich in populistischer Weise Vorteile verschaffen wollen. Sie opfern dafür sogar den von ihnen selbst gefassten und von ihrer eigenen Kanzlerin vertretenen Beschluss. Für die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit unserer Demokratie und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist diese Taktik fatal.

Einfache Auswege gibt es weder aus der Energiekrise noch aus der Klimakatastrophe. Der geringe Nutzen der verbliebenen Atomkraftwerke in der gegenwärtigen Gaskrise ist allgemein bekannt. Eine kurzfristige Entspannung bei unseren Energieproblemen ist mit ihnen nicht zu erzielen. Außerdem bleiben die grundsätzlichen Gefahren und Entsorgungsprobleme, die aus gutem Grund zum Ausstiegsbeschluss geführt haben, selbstverständlich weiterhin bestehen. Schalten wir daher endlich die Atomkraftwerke ab. Sie sind Teil der fossilen Menschheitsepoche, die wir schnellstmöglich zugunsten der erneuerbaren Energien überwinden müssen. Das Gelingen der Energierevolution entscheidet über die Eindämmung der Klimakatastrophe und den Fortbestand einer Zivilisation, die auch in Zukunft noch ein menschenwürdiges Leben ermöglicht.

Ziel der Anti-Atom-Radtour erreicht!?

Unter dem Motto „dem Atomausstieg entgegen“ ging es vorbei an noch laufenden und bereits abgeschalteten Atomkraftwerken, an Atommüll-Zwischenlagern, geplanten Deponien, Atomproduktionsstätten und Schauplätzen des Widerstandes gegen die Atomkraft. Insgesamt legten die Radler*innen mehr als 2.400 km auf ihren Touren durch Norddeutschland (Tihange – Gorleben) und Süddeutschland (Hanau – Freiburg) zurück. An unzähligen Stationen gab es Stopps mit Kundgebungen, Erfahrungsberichten von Aktiven, Statements und Kulturbeiträgen. Diese – vermutlich längste Fahrraddemo aller Zeiten –  erstreckte sich über die Sommermonate Juli und August und endete am 3. September mit einer Abschlussveranstaltung in Freiburg. Bei www.ausgestrahlt.de gibt es dazu ausführliche Infos, Berichte und einen umfangreichen Blog mit Fotos, auf dem man die einzelnen Etappen und Aktionen nachvollziehen kann.

Was als große Atom-Ausstiegs-Tour geplant war, wurde allerdings zunehmend von der Diskussion über eine erneute Laufzeitverlängerung überlagert. Die Anti-Atom-Tour wurde damit auch zu einem großen Statement gegen die Renaissance der Atomkraft, die von mächtigen Kräften in unserem Land seit langem angestrebt wird. Der 2. Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung dient als Grundlage, um den Ausstieg zumindest zu verögern. Vergleiche dazu unseren gesonderten Eintrag „Ein Stresstest für demokratische Entscheidungen“.

Die Anti-Atom-Radtour hat zwar ihr Ziel Freiburg erreicht, aber noch sind die letzten drei Atomkraftwerke nicht abgeschaltet. Niemals seit 2011 war die Gefahr einer Atomkraft-Renaissance größer als heute. Die Anti-Atom-Fahne muss daher weiterhin wehen. Unabhängig vom Atomausstiegsbeschluss und dem Abschalten der Atomkraftwerke geht z.B. auch die Produktion von Brennelementen munter weiter. Bei den vielen weltweit noch verbleibenden Atomkraftwerken und Atomwaffen sind wir vom Ziel eines echten Atomausstiegs noch recht weit entfernt. Fotos von der Anti-Atom-Radtour, an der sich auch Quersteller*innen aus Friedberg auf Teilstrecken beteiligten, befinden sich im Menü Fotos.

Streckbetrieb – Laufzeitverlängerung – Wiedereinstieg

Seit dem Ausstiegsbeschluss 2011 spekulieren die Atomkraft-Befürworter auf einen günstigen Moment, um den gesellschaftlichen Konsens zum Atomausstieg wieder zu Fall zu bringen. Putins Krieg und die von ihm ausgelöste Destabilisierung Westeuropas spielen ihnen jetzt perfekt in die Hände. Sie wittern ihre große Chance. Wenige Monate vor dem Abschalttermin versuchen sie mit einer groß angelegten, konzertierten Kampagne das Rad der Geschichte noch einmal zurückzudrehen. Es klingt ja auch so simpel: Bevor wir im Winter frieren, lassen wir die Atomkraftwerke lieber etwas länger laufen! Ein 35 Jahre altes Auto schafft sicher noch 2-3 Jahre zusätzlich! Geht jetzt halt nicht anders! Da müssen wir eben durch!

Wenn man auch nur etwas genauer hinschaut, stellt man rasch fest, wie falsch und irreführend diese Kampagne ist:

  • Wir haben keine Stromkrise, sondern eine Wärmekrise. Uns fehlt Gas, kein Strom.
  • Ein sog. „Streckbetrieb“ bringt auch nicht mehr Strom, sondern streckt lediglich die Laufzeit bei verminderter Produktion und zieht damit die Gefahren des AKW-Betriebs nur in die Länge.
  • Bei den drei noch laufenden AKW erlischt Ende des Jahres die Betriebsgenehmigung. Eine erneute Laufzeitverlängerung ist unzulässig, denn sie verstößt gegen geltendes Atomrecht.
  • Am Ende ihrer Betriebszeit werden AKW immer gefährlicher. An den alten Kraftwerken Emsland  und Neckarwestheim 2 gibt es deutliche Mängel. Z.B. sind zahlreiche Risse in den Wärmetauschern zwischen Primär- und Sekundärkreislauf aufgetreten, die seit 2009 nicht mehr überprüft wurden. Die alle 10 Jahre erforderlichen Sicherheitsüberprüfungen wurden nämlich 2019 ausgesetzt, weil ja ohnehin abgeschaltet werden soll.
  • Völlig ignoriert wird, dass es keine neuen Brennstäbe für einen Weiterbetrieb der AKW gibt. Ihre Produktion würde selbst bei einer Priorisierung weit über ein Jahr dauern. 2023 stünden sie nicht zur Verfügung und könnten daher auch nicht bei der Gaskrise helfen.
  • Dass man Atomkraftwerke nicht wie einen Heißwasserkocher ein- und ausschalten kann, sollte sich herumgesprochen haben. Auch dass es längst nicht mehr genug Personal für den Weiterbetrieb gibt, darf nicht ignoriert werden.
  • 40% des Urans stammt aus Russland und Kasachstan. Hier sind wir ebenso abhängig von Putin wie beim Gas.
  • Ausgeblendet wird auch, dass in der Ukraine zwischen Atomkraftwerken Bomben fallen und täglich ein weiteres Tschernobyl droht.
  • Gerade in Frankreich, in dem etwa die Hälfte der Atomkraftwerke wegen technischer Defekte oder aufgrund von Wassermangel abgeschaltet ist, erkennen wir, dass Atomkraft keine Lösung ist, sondern das Energieproblem nur verschärft.

Ist alles nur Sommertheater? Die Diskussion wirkt geradezu gespenstisch. Keiner der Gründe, die zum Atomausstieg geführt haben, ist entfallen. Atomkraft bleibt eine Hochrisikotechnologie. Gerade in der Schlussphase alter AKW steigt die Gefahr eines GAUs nochmal an. In 16 Zwischenlagern stehen demnächst ca. 1.900 Castoren mit hochradioaktivem Müll herum. Ein erfolgversprechendes Konzept, wo sie sicher für Hunderttausende von Jahren gelagert werden können, ist nicht in Sicht. Der Nutzen einer Laufzeitverlängerung steht in krassem Missverhältnis zu den Kosten und Risiken. Selbst die drei Stromkonzerne RWE, E.ON und EnBW sind nicht bereit, die AKW weiter zu betreiben, sondern wollen Verantwortung, Kosten und Risiken vollständig an Bund und Länder abtreten, obwohl ein AKW täglich einen Gewinn von ca. 1 Mio. € einfährt! Müsste das nicht stutzig machen?

Für Friedrich Merz (CDU) ist die erneut entfachte Diskussion über eine Laufzeitverlängerung die perfekte Methode, sich an Christian Lindner und die FDP heran zu robben, und zu versuchen, die Koalition zu spalten. Dass die bayerische CSU mit dabei ist, wundert nicht, denn so kann sie gut von ihrem Versagen bei der Energiewende ablenken und ihr idyllisches Voralpenland weiter vor Windrädern schützen. Geradezu folgerichtig erscheint es, dass der TÜV-Süd gleich ein passendes Gutachten parat hat, das von der bayerischen Regierung in Auftrag gegeben wurde. Auch Industriebosse, wie z.B. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf, mischen bei der Kampagne mit und fordern unverhohlen den Wiedereinstieg in die Atomkraft. Aus dieser Ecke ist nichts anderes zu erwarten. Dass aber Katrin Göring-Eckardt (Grüne) oder Luisa Neubauer (Fridays for Future) sich wieder diese Diskussion aufzwingen lassen und ebenfalls das potenzielle Unwort des Jahres „Streckbetrieb“ in den Mund nehmen, das ist sehr befremdlich und auch leichtsinnig.

Seit dem Gau in Fukushima sind erst 11 Jahre vergangen! So schnell kann man doch gar nicht vergessen! Putins Krieg hat es geschafft, unsere Gesellschaft so zu erschüttern, dass Erkenntnisse und gut begründete Entscheidungen in atemberaubendem Tempo erodieren und mühsam erkämpfte Fortschritte wieder zurückgedreht werden. Die Angst vor Einschränkungen in unserem immer noch vergleichsweise komfortablen Leben, scheint jeglichen Verstand außer Kraft zu setzen. Schon jetzt hat diese massive Kampagne bewirkt, dass nur noch über Verlängerung und Ausbau fossiler Energien diskutiert wird! Zeit, Kraft und Geld werden verschwendet und fehlen für die dringender denn je erforderliche Energiewende. Putin, Orbán und die AfD können genüsslich beobachten, wie sich die Diskussion zuspitzt und den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland gefährdet. Das darf uns nicht egal sein!

Klebt wieder Anti-Atom-Sonnen und hängt eure Anti-Atom-Fahnen aus dem Fenster. Das Atomkraft-Gespenst geht schon wieder um.

Besuch des ENERGIEPARK MAINZ geplant

Für Dienstag, den 4. Oktober 2022, 13 Uhr, hat Querstellen eine Führung im Energiepark Mainz gebucht. Interessierte sind herzlich eingeladen, sich anzuschließen.

Bei der vollständigen Energiewende, die wir schnellstmöglich erreichen müssen, wird sicher auch Wasserstoff benötigt, z.B. für den Flug- und Schiffsverkehr, für die Stahl- oder Zementindustrie und für die Langzeitspeicherung von Energie. Im Energiepark Mainz wird seit 2015 die Gewinnung und Speicherung von Wasserstoff aus Windenergie erprobt. Betreiber sind die Stadtwerke Mainz, in Kooperation mit der Linde AG und der Siemens AG. Weiter Infos gibt es unter www.energiepark-mainz.de .

Die 1,5-stdg. Führung besteht aus einer erläuternden Präsentation und einem Rundgang durch die Anlagen. Vielleicht lässt sich danach noch ein Café-Besuch am Rheinufer mit Diskussion der Eindrücke anschließen?

Da der außerhalb von Mainz gelegene Energiepark mit dem ÖPNV nur schwer erreichbar ist, erfolgt die Anreise mit privatem PKW. Es können aber Fahrgemeinschaften gebildet werden. Die Zahl der Teilnehmenden ist auf 15 Personen begrenzt. Die Zusage erfolgt in Reihenfolge der Anmeldung, d.h. wer zuerst mailt, fährt zuerst! Bitte – möglichst unter Angabe einer Telefonnummer – anmelden bei petra.zeichner@t-online.de .

Besuch der Windräder in Bruchenbrücken

Die inzwischen dritte Windenergie-Exkursion des Bündnisses Windpark Winterstein führte am 29. Mai 2022 zu den drei Windrädern bei Bruchenbrücken. Per Rad oder zu Fuß kamen ca. 80 Personen von Friedberg, Bruchenbrücken, Wöllstadt und Rosbach zur Information und um einen Blick in den Turm des Windrades zu werfen. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Dirk Antkowiak und Bündnissprecher Hans-Dieter Wagner, stellten Projektleiter Grundl und Betriebsleiter Waldmann des Betreibers EnBW, die eigens aus Stuttgart angereist waren, die Anlagen vor.

Die drei Anlagen aus südöstlicher Richtung.

Die 3 Windräder vom Typ Vestas V 90 haben einen Rotordurchmesser von 90 m und eine Nabenhöhe von ca. 95 m. Ihre Nennleistung beträgt 2 MW, was im Vergleich zu heutigen Anlagen noch relativ wenig ist. Trotzdem erzeugt nur eine Anlage so viel Strom, wie ca. 725 Haushalte mit 4 Personen (bei ca. 4600 kWh) verbrauchen.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Sven Weiberg, schilderte in einem kurzen Rückblick, dass schon seit etwa 2005 um die Windräder gerungen wurde. Zu dieser Zeit waren noch fast alle dagegen und es hatte sich eine Bürgerinitiative gegen die Windräder gegründet. Lange Zeit versuchten auch die Kommunen Ober-Wöllstadt und Friedberg mit Klagen und Veränderungssperren die Anlagen zu verhindern. Alle Einwände entpuppten sich jedoch als unhaltbar und wurden entsprechend von den Gerichten abgewiesen, so dass 2011 die Firma ABO Wind endlich bauen konnte.

Die kurze Historie machte auch deutlich, dass die Windenergie in den letzten 15 Jahren in unserer Region eindeutig mehr Akzeptanz gewonnen hat.

Da sich etwas östlich der bestehenden Anlagen ein kleines, schmales Windvorranggebiet befindet, plant der neue Eigentümer EnBW zwei weitere, deutlich leistungsfähigere Anlagen. Eine etwas nordöstlich gelegene Anlage, z.B. Typ V 162 mit 162 m Rotordurchmesser und einer Nabenhöhe von ca. 170 m und eine südlich gelegene Anlage mit einem Rotordurchmesser von 132 m. Durch die Weiterentwicklung der Technik und die größere Höhe werden sie deutlich leistungsfähiger sein. Pro Höhenmeter ist mit einem Ertragsgewinn von ca. 0,5 – 1 % zu rechnen. Die Anlagen werden eine Nennleistung von ca. 6 MW und 4 – 4,5 MW haben. Allein das größere Windrad produziert damit so viel Strom wie alle drei derzeit bestehenden. Der komplette Windpark wird zusammen mehr Strom erzeugen als ganz Friedberg verbraucht. Das ist durchaus ein passabler Beitrag zur Energiewende.

Projektleiter Grundl von EnBW stellt die Windenergieanlagen vor.

Die Teilnehmenden stellten zahlreiche Fragen, z.B. zu Abschaltregelungen, zum Rückbau nach Ablauf der Betriebszeit, zum Standort der neuen Anlagen oder zum Baubeginn. Herr Grundl von EnBW konnte jedoch zu Letzterem noch keine zuverlässige Aussage treffen, denn noch sind Fragen mit der Deutschen Flugsicherung im Zusammenhang mit dem Drehfunkfeuer in Erbstadt zu klären, die allerdings spätestens durch die geplante Umstellung auf Digitaltechnik entfallen werden. Deshalb kann er weder einen Zeitpunkt für den Baubeginn noch exakte Details zur Projektierung sagen, die sich im Genehmigungsverfahren auch noch ändern können.

Der Friedberger Ulrich Dörper, der häufig im Bereich der Windräder sportlich unterwegs ist, befragte die Landwirte Lebeau und Friedewald von den Aussiedlerhöfen im Görbelheimer Grund, die nur 600 –700 m entfernt liegen, welche Erfahrungen sie mit den Windrädern in ihrer unmittelbaren Umgebung machen. Beide Landwirte können keine Beeinträchtigungen durch Schall oder Schattenwurf beobachten. Den Bau der Windräder, der reibungslos und ohne Störungen von statten ging, erlebten sie eher als eine Attraktion. Die geschotterte Zufahrt und der Kranstellplatz am Windrad sind für ihre landwirtschaftlichen Maschinen sogar von Vorteil. Die Frage nach Vogelschlag wurde ganz lapidar beantwortet: „ Kein Vogel ist so blöd und fliegt gegen das Windrad.“ Sie hätten jedenfalls noch keine toten Vögel gefunden. Beeinträchtigungen gibt es für diejenigen, die in unmittelbarer Nähe leben, offenbar keine, aber sie fühlen sich nicht immer rechtzeitig und umfassend von Stadt und Unternehmen informiert. So vermissen sie auch jetzt genauere Aussagen zu den aktuellen Planungen. Herr Grundl sagt Informationen über den Planungsstand zu, sobald es konkretere Entwicklungen gibt.

Bürgermeister Antkowiak erläutert den Planungsstand am Winterstein.

Auch das zukünftige Großprojekt Windpark Winterstein spielte bei dem Treffen eine große Rolle. Bürgermeister Antkowiak verwies auf die breite Mehrheit in den Parlamenten der Anrainerkommunen, die dem Windpark in der „Absichtserklärung“ zugestimmt haben. Er betonte auch, dass alle an einem gemeinsamen Windparklayout mit einer bestmöglichen Anzahl an Windrädern interessiert sind. Ihm sei die direkte Beteiligung der Kommunen und Bürger*innen mit eigenen Anlagen ein großes Anliegen, weshalb sich die Kommunen auch nicht dem bereits in Kürze erfolgenden  Ausschreibungsverfahren von Hessenforst angeschlossen hätten, sondern nach der Sommerpause eine eigene Ausschreibung planen, bei der Beteiligungskonzepte eine größere Rolle spielen sollen.

Diethardt Stamm und AnwohnerInnen vom Görbelheimer Grund.

Johannes Contag, Stadtratsmitglied der Grünen, begrüßte gemeinsam mit Bündnissprecher Diethardt Stamm, dass jetzt auf dem Winterstein ein großer gemeinsamer Windpark entstehen soll und dass die Positionen von Stadt und Bündnis Windpark Winterstein hierbei viele Gemeinsamkeiten aufweisen.

Stamm kritisierte aber auch deutlich, dass Hessenforst jetzt umgehend – quasi im Alleingang – seine Flächen ausschreiben will, was im Grunde dem in der Absichtserklärung beschlossenen, gemeinsamen Vorgehen widerspräche.

Dass in Hessen der Ausbau der Windenergie stockt und 2022 bisher gerade einmal ein Windrad errichtet wurde, führt Stamm u. a. auch auf Hessenforst zurück. Hessenforst erwarte Pachtgebühren von über 200.000 € je Windrad und außerdem noch eine 20%ige Umsatzbeteiligung. Dadurch werde eine Beteiligung der Bevölkerung weitgehend ausgehebelt. Er appellierte an die Landesregierung, das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren zu ändern, um die Beteiligung von Kommunen und Bürger*innen zu stärken. Er untermauerte diese Kritik mit Zitaten aus einer großen aktuellen Anfrage der SPD an die Landesregierung.

Auch Dr. Werner Neumann, Bündnissprecher und Kreisvorsitzender des BUND Wetterau, betonte die zentrale Bedeutung der Bürgerbeteiligung: „Strom der hier produziert wird, soll auch mit den Menschen verbunden sein.“ Die Region, die Kommunen und die Bürger sollen sich finanziell beteiligen können. Dazu gäbe es viele Möglichkeiten, z.B. Zuwendungen an die Kommunen nach dem EEG, aber auch verbilligten Strom für die Anwohner. (Das Bündnis wird sich hierzu noch ausführlicher äußern.) Neumann verwies darauf, dass  nach der Europäischen Union „Erneuerbare Energiegemeinschaften“ möglich sein sollen, in denen gemeinsam Strom erzeugt, vertrieben und verbraucht wird. Er ist überzeugt, dass die Beteiligung der Bürger*innen Voraussetzung und Erfolgsrezept für die Umsetzung der Energiewende ist.

Da bei diesem Treffen auch wieder die Frage nach der Anzahl möglicher Windräder auf dem Winterstein gestellt wurde, veröffentlichen wir hier mit Vorbehalt ein vom Bündnis entworfenes, fiktives Windpark-Layout. Selbstverständlich ist ein solcher Windpark von erfahrenen Projektierern nach umfangreichen Untersuchungen zu entwickeln und wird am Ende des Prozesses sicher anders aussehen. Wir veröffentlichen unseren internen Entwurf dennoch, weil in der Öffentlichkeit ein großes Bedürfnis nach Informationen besteht und selbst in der Presse oft noch ältere, lange überholte Überlegungen verbreitet werden. Der Entwurf soll eine grobe Orientierung über das Windvorranggebiet Winterstein bieten und zur Diskussion in diesem offenen Prozess beitragen.

Dieses fiktive Parklayout des Bündnisses Windpark Winterstein steht als Download zur Verfügung.
Fiktives Parklayout des Bündnisses Windpark Winterstein, März 2022. Alle Angaben ohne Gewähr!

Einige zentrale Forderungen des Bündnisses Windpark Winterstein wurden auch bei dieser Exkursion sichtbar: Wir erwarten einen maximal möglichen Beitrag zum Klimaschutz durch einen energetisch optimierten Windpark. Dieser Windpark soll mit Windrädern neuester Bauart einen größtmöglichen Ertrag erzielen und gemeinsam projektiert und betrieben werden. Der Windpark soll auch der regionalen Wertschöpfung dienen, denn nach unserer Überzeugung sollen diejenigen, die im Umkreis um einen Windpark leben, auch einen unmittelbaren Nutzen von ihm haben. Wesentlich für Akzeptanz und Mitwirkung, das zeigte sich auch erneut bei dieser Veranstaltung,  ist die frühzeitige Einbindung und aktive Beteiligung der Bevölkerung. Dann werden sich hoffentlich in einigen Jahren Bürgerwindräder mit den wohlklingenden Namen „Die flotte Frida“ oder „Der fixe Fritz“ auf dem Winterstein drehen und sauberen Strom für uns produzieren.

Windradbesichtigung bei Bruchenbrücken

Atomausstieg und Umstieg auf erneuerbare Energien sind untrennbar miteinander verbunden. Die Klimakrise und auch der Krieg gegen die Ukraine machen schmerzlich klar, wie notwendig der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern ist. Deshalb setzt sich Querstellen intensiv im Bündnis Windpark Winterstein für die Windenergie ein.

Am Sonntag, dem 29. Mai, geht es in einer gemütlichen Fahrradtour zu den drei Windrädern bei Bruchenbrücken. Die Fahrradtour startet um 14 Uhr vom Parkplatz an der Friedberger Stadthalle und die Information findet um 15 Uhr an den Windrädern statt.

Radtour zu den Windrädern bei Bruchenbrücken

Mitarbeiter des Betreibers EnBW (Energie Baden- Württenberg AG) informieren über die bereits vorhandenen und die zwei neu geplanten Anlagen. Sogar ein Blick in den Turm eines Windrades wird möglich sein. Bürgermeister Antkowiak und Stadtverordnete aus Friedberg berichten. Anwohner aus unmittelbarer Nähe erzählen von ihren Erfahrungen mit den Windrädern und beantworten Fragen der Teilnehmenden. Auch auf den aktuellen Planungsstand zum Windpark Winterstein werden Bürgermeister, Stadtverordnete und Vertreter des Bündnisses eingehen.

Mit seinen Windenergie-Exkursionen will das Bündnis über Windenergie informieren, Vorurteile abbauen und Interessierten die Möglichkeit geben, sich selbst einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Auch soll die Forderung unterstrichen werden, dass die Bürger*innen frühzeitig in den Planungsprozess einzubinden und nicht erst nach Abschluss der Planung zu informiert sind. Durch eine frühzeitige Beteiligung wird die Identifikation der Bürgerschaft mit ihrem Windpark entscheidend gestärkt. Auch fordern wir, dass diejenigen, die den Windpark täglich sehen, auch einen finanziellen Nutzen von ihm haben sollen.

Nähere Informationen zur Veranstaltung, einschließlich Zeit- und Lageplan, können der PDF-Einladung entnommen werden, die sich zur einfacheren Orientierung leicht ausdrucken lässt. Wer nicht an der familientauglichen Fahrradtour teilnehmen will, kann natürlich auch gerne zu Fuß von Friedberg, Bruchenbrücken oder Ober-Wöllstadt zur Information ans Windrad kommen. Zur Erleichterung der Vorbereitung bitten wir um eine kurze Anmeldung unter querstellen-friedberg@t-online.de

Atomkraft ist weder ein Ausweg aus der Klimakrise noch aus der aktuellen Energiekrise

Atomic-Perpetuum von Bill Gates und M.C. Escher

In der aktuellen Energiekrise, die durch den schrecklichen Krieg eines machtbesessenen Autokraten ausgelöst wurde, sehen einige erneut einen Hebel, um die Atomkraft anzupreisen, die Laufzeiten der drei noch verbliebenen AKW zu verlängern und sogar abgeschaltete wieder in Betrieb zu nehmen. Gerade ein Krieg zwischen Atomkraftwerken sollte deutlich machen, dass Atomkraft der gefährlichste Weg ist, unsere Energiefragen zu lösen. Es ist müßig, ständig die Gründe zu wiederholen, warum Atomkraft kein Ausweg darstellt. Wer noch nach Erkenntnisgewinn sucht, sei auf entsprechende Artikel bei .ausgestrahlt verwiesen oder möge in unserem Beitrag vom 26. Februar 2020 nachlesen. Diejenigen, die nicht vom Irrweg Atomkraft ablassen wollen, verweisen immer wieder auf zukünftige – allerdings noch nicht existierende – Atomkraftwerke. Aus diesem Grund habe ich erneut meine Zeichnung eingestellt, die das Ergebnis dieser „Forschungsarbeiten“ zusammenfasst. Die A3-Zeichnung kann man hier als .jpg oder als .pdf leicht herunterladen, als Poster ausdrucken und an die Klotür hängen. Dort lässt sich dann trefflich über die Hinterlassenschaften der Menschen nachdenken.

Mahnwache Fukushima und Ukraine 2022

Die Fukushima-Mahnwache am 12. März in Friedberg wurde vom Krieg gegen die Ukraine übeschattet, der tausendfach Tod und Leid über die Menschen bringt und Millionen zur Flucht zwingt. Aus Solidarität mit der Ukraine eröffneten wir die Kundgebung mit John Lennons Song „Give Peace a Chance“.
Dieser Krieg birgt auch die große Gefahr, dass wichtige Maßnahmen, z.B. beim Klimaschutz, aufgeschoben und bereits Erreichtes der letzten Jahrzehnte wieder zurückgedreht werden.  Darum ging es sowohl in unserer Kundgebung als auch in vielen Gesprächen der ca. 50 Teilnehmenden.

Infotisch Mahnwache Fukushima und Ukraine, 2022-03-12
Der Infotisch mit vielen Informationen war immer gut besucht.

Sowohl die Atomkatastrophe in Fukushima, die vor elf Jahren begann, als auch der Krieg in der Ukraine  machen das Risiko der Atomkraft  deutlich:  In Fukushima mussten 200 000 Menschen ihre Häuser verlassen und noch auf lange Sicht müssen die geschmolzenen Reaktorkerne täglich mit rund 150 Tonnen Wasser gekühlt werden. Das kontaminierte Wasser wird in ca. 1000 Tanks gesammelt, teilgereinigt und soll, weil die Tanks voll sind, ab kommendem Jahr im Meer verklappt werden.  Dies ist nur eines der vielen Probleme, das zeigt, dass die Katastrophe in Fukushima andauert, auch wenn nur noch selten darüber berichtet wird. Auch der Krieg in der Ukraine macht den Atomwahnsinn bewusst.  Neben dem havarierten Reaktor in Tschernobyl  gibt es in der Ukraine noch 15 weitere Atomkraftwerke, die über 50 % des ukrainischen Stroms erzeugen. Das größte Atomkraftwerk Europas steht mit sechs Blöcken in Saporischschja, in der Ost-Ukraine. Zum Zeitpunkt der Mahnwache waren Tschernobyl und Saporischschja bereits von Russland besetzt. Atomkraftwerke sind nicht für den Krieg konzipiert. Selbst wenn sie nicht direkt angegriffen werden, kann es schon unabsichtlich leicht zur Beschädigung der sensiblen Sicherheitsinfrastruktur kommen. Eine Unterbrechung der Stromversorgung bei Ausfall der Notkühlung kann z.B. schnell zur Kernschmelze führen. Krieg zwischen den ukrainischen Kernkraftwerken ist im doppelten Sinne „Russisches Roulette“.

Wurfbude Mahnwache Fukushima und Ukraine, 2022-03-12
Mit gezielten Würfen ließ sich das Abschalten der noch verbliebenen Atomkraftwerke leicht vorziehen.

Der zögerliche Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren hat Deutschland in die Abhängigkeit eines größenwahnsinnigen Despoten geführt. Die drohende Versorgungskrise verhindert nicht nur ein konsequentes Handeln gegenüber Putin, sondern gibt absurderweise sogar noch denen Auftrieb, die schon lange eine Renaissance von Atom, Kohle und Gas anstreben. Auf der Mahnwache wurde deshalb deutlich gemacht, dass Atomkraft keinen Ausweg aus der Klimakatastrophe bietet, weil viel zu viele Kraftwerke gebraucht würden, es viel zu lange dauern würde, viel zu teuer und zu gefährlich wäre. Auch die angeblich so tollen, smarten Atom-Reaktoren der 4. Generation helfen nicht weiter, denn sie existieren meist nur auf dem Papier oder in Laborversuchen.
Klimakatastrophe und ein höheres Maß an Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten erfordern zwingend den rascheren Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Technik ist vorhanden, das ist effektiv und kann schnell gehen. Daran muss mit Nachdruck gearbeitet werden.  Statt 100 Milliarden in die Aufrüstung zu stecken, müssen 100 Milliarden in die Erneuerbaren investiert werden. Das ist gut fürs Klima und die Energiesicherheit!
Als Gastredner erläuterte Markus Fenske, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Friedberg, den Stand der Entwicklung beim Windpark Winterstein. Er stellte die Notwendigkeit des Windparks als Teil der Energiewende heraus, machte aber auch deutlich, dass der Windpark kein Selbstläufer wird, sondern noch viel Engagement erfordert, auch wenn jetzt ein Grundsatzbeschluss gefasst wurde. Er forderte daher die Bürgermeister und Bürger*innen rund um den Winterstein auf, für den Windpark zu kämpfen.

Mahnwache Fukushima und Ukraine, 2022-03-12
Markus Fenske bei seinem Plädoyer für den Windpark Winterstein.

Jochen Stay, dem Gründer von .ausgestrahlt, der im Januar allzu früh verstarb, wurde mit einem Lied gedacht, das der Liedermacher Gerd Schinkel  für ihn geschrieben hat. Jochen wird allen in Erinnerung bleiben und dazu anspornen, in seinem Sinne aktiv zu bleiben.

Gerd Schinkel, Epitaph für Jochen Stay: 

"Die Sonne hat noch nicht ausgestrahlt,
der Wind sich längst nicht gedreht.
Der Kampf gegen Atomwahnsinn
in deinem Sinn weitergeht."