Presseerklärung zum Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung

Bei seinem letzten Treffen diskutierte das Friedberger Aktionsbündnis gegen Atomkraft den Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung. Von den Anwesenden wurde begrüßt, dass die Bundesregierung endlich den gesellschaftlichen Konsens, aus der Atomkraft auszusteigen, akzeptiert. Dass die sieben ältesten AKW und der Schrottreaktor Krümmel nicht mehr ans Netz gehen, wurde als Erfolg der Anti-Atom-Bewegung gewertet.
Deutlich wurde aber gleichzeitig, dass das Aktionsbündnis den Entscheidungen der Bundesregierung misstraut und der Ausstieg noch keineswegs unumkehrbar ist. Besonders, dass der Ausstieg erst 2022 vollzogen sein soll, kritisierten viele Mitglieder. Der Ausstieg ist auch schon bis 2017 möglich. Wieder wird verzögert. Die Bundesregierung lässt den Atomkonzernen zu viel Zeit und sich zu viele Hintertürchen offen. Insbesondere das gleichzeitige Abschalten von sechs AKW in den Jahren 2021 und 2022 ist aus unserer Sicht gefährlich und unnötig. Denn jeder Tag, an dem die Atomkraftwerke laufen, besteht die Gefahr eines Unfalls und es wird mehr hochradioaktiver Abfall produziert, für dessen Entsorgung die Bundesregierung nach wie vor keine Lösung hat.  Aufgrund des strahlenden Mülls, der fast genauso gefährlich wie ein laufendes AKW ist, muss alles daran gesetzt werden, früher auszusteigen. Auch aus finanziellen Gründen macht das Sinn. Denn die Atomwirtschaft hat sich bisher geschickt aus der Frage der Entsorgung herausgehalten. Die Allgemeinheit ist für die Risiken und die Entsorgung zuständig, während den Atomkonzernen reichlich Gelegenheit gegeben wird, sehr viel Geld zu verdienen. Dazu passt, dass die Bundesregierung über das EEG vor allem große Offshore-Windparks fördern will, die wiederum von den Energiekonzernen betrieben werden. Die Anlagen an Land werden hingegen kaum noch gefördert. Ähnliches gilt für die Photovoltaik. Das alles zeigt, dass die Energiewende nicht wirklich von der Bundesregierung vorangetrieben wird.
Am Ende der Diskussion kam man überein, dass weiter Druck der Anti-Atom-Bewegung nötig sein wird, um die Bundesregierung zu weiteren Schritten zu zwingen. Deshalb wird das Aktionsbündnis auch im Herbst wieder zu den Demonstrationen im Wendland mobilisieren.
Begrüßt und unterstützt wird vom Aktionsbündnis die von den Wetterauer Kommunen und dem Kreis verkündete Bereitschaft,  vor Ort die Energiewende zu organisieren. Das Aktionsbündnis sieht es als seine Aufgabe, in der Wetterau über erneuerbare Energien zu informieren und insbesondere die Geschäftspolitik der OVAG als lokalen Versorger zu beobachten. Die Energiewende ist auch eine regionale Aufgabe, weshalb insbesondere der OVAG die Aufgabe und Verpflichtung zufällt, die Wetterau mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Das Friedberger Aktionsbündnis wird zu diesem Thema im Herbst eine Info- und Diskussionsveranstaltung organisieren.

Einfach mal abschalten!

Nach der ereignisreichen Zeit im Frühjahr und Frühsommer war auch beim Friedberger Aktionsbündnis gegen Atomkraft einfach mal abschalten erforderlich!
Im Juni organisierten wir noch – unterstützt von der Buchhandlung Bindernagel und der Grünen Jugend – eine Lesung mit Hans Platzgumer im Jugendhaus der Stadt Friedberg. Platzgumer las aus seinem fiktiven Roman „Der Elefantenfuß“, den er zum 25. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl veröffentlichte und der von sonderbaren Menschen erzählt, die sich heute, im Jahr 2011, in der Todeszone begegnen. Ein lesenswertes Buch, was wir gerne weiterempfehlen. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch noch auf die Interviews von Swetlana Alexijewitsch hinweisen, die sie mit Tschernobyl-Opfern führte und erstmals vor 5 Jahren unter dem Titel „Tschernobyl – Eine Chronik der Zukunft“ veröffentlichte. In diesen Interviews werden uns in sehr eindringlicher Weise das Leid der Strahlenopfer und die Skrupellosigkeit der Verantwortlichen bei der Bekämpfung der Reaktorkatastrophe vor Augen geführt.
Im Friedberger Aktionsbündnis wurde und wird selbstverständlich auch der  Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung diskutiert. Wir begrüßen es, dass dieselbe Regierung die noch vor wenigen Monaten von ihr beschlossene Laufzeitverlängerung zurücknimmt und damit ihren eklatanten Fehler korrigiert. Dass einige der ältesten und unsichersten Reaktoren endgültig abgeschaltet werden, ist eine längst überfällige Maßnahme und findet unsere volle Zustimmung. Gleichwohl bleiben wir misstrauisch und wachsam. Wie wir leider bereits beim letzten Ausstieg aus dem Ausstieg erleben mussten, sind solche Beschlüsse nicht unumkehrbar. Auch sind wir der Meinung, dass Laufzeiten bis 2022 für die anderen AKW unnötig und viel zu risikoreich sind. Ein vollständiger Ausstieg aus der Atomkraft muss schneller erfolgen und ist auch nach Meinung vieler Experten früher möglich. Die unnötige Produktion von weiterem Atommüll muss schnellstmöglich gestoppt werden und auch die unsinnigen Transporte von Atommüll quer durch Europa sind so lange zu beenden, bis eine sichere Lagerstätte gefunden ist. Wir sind gespannt, wie man mit den fürs Jahresende vorgesehenen Atommüll-Transporten nach Gorleben verfahren wird. Bitte beachten Sie unsere Presseerklärung zum Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung.
In Zukunft will sich das Friedberger Aktionsbündnis auch stärker für die Energiewende unmittelbar vor Ort einsetzen. Unter dem Titel „Wie wird die Wetterau atomstromfrei?“ planen wir zurzeit eine Informationsveranstaltung, zu der wir Verantwortliche in der Region und Experten in Energiefragen einladen, um Impulse zu geben, die Wetterau möglichst schnell zu einer atomstromfreien Region zu machen. Die schon jetzt vorliegenden Zusagen einiger Podiumsteilnehmer lassen einen interessanten Abend erwarten. Wir werden Sie rechtzeitig über Termin und Teilnehmer informieren. Wer bei der Vorbereitung der Veranstaltung mithelfen oder uns kennen lernen möchte, ist herzlich zu unseren nächsten Arbeitstreffen am 23. August, 14. September und  6. Oktober eingeladen.